Regenwasser vom Kirchturm versorgt Bäume und kühlt das Stadtquartier

Ev. Lukas-Kirchengemeinde in Buer-Hassel leistet Beitrag zur Klimafolgenanpassung. Emschergenossenschaft und Land NRW fördern Baumaßnahme

Gelsenkirchen. Sauberes Regenwasser landet noch zu häufig in der Kanalisation und damit in der Kläranlage. Dabei könnte es vor Ort zur Bewässerung und Kühlung der Umgebung genutzt werden. Wie das geht, zeigt die Lukasgemeinde in Buer-Hassel: Mit Fördermitteln der Emschergenossenschaft und des NRW-Umweltministeriums wurden die Dachflächen der Kirche, des Turms und des Vorplatzes für 93.000 Euro abgekoppelt. Nun kann das Nass von oben im Boden versickern. Ein Beitrag zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels.

Anfang des Jahres sind rund um die Lukas-Kirche am Eppmannsweg in Buer-Hassel die Bagger gerollt, es wurde Erdreich bewegt, es wurden Gräben ausgehoben, Rohre verlegt. Nun sind die Bauarbeiten abgeschlossen, die einem Zweck dienen sollen: Das Regenwasser von den Dachflächen des Kirchengebäudes, des Kirchturms und des überdachten Vorplatzes von der Kanalisation abzukoppeln.

Jetzt fließt das Regenwasser von rund 1500 Quadratmetern nicht mehr über Regenrohre direkt in die Mischkanalisation. Sondern es wird über Mulden und Rinnen abgeleitet, kann im Boden versickern und damit ins Grundwasser gelangen. Dabei wird das Niederschlagswasser in Rigolen unter der Erde und teils oberirdisch zwischengespeichert und dient so auch der Bewässerung der Bäume auf dem Kirch-Gelände. Die Bäume, die so zusätzlich Feuchtigkeit aufnehmen können, haben dadurch eine gesteigerte Verdunstungsleistung – die Umgebung wird stärker gekühlt.

Folgen des Klimawandels sind spürbar
Das ist wichtig, denn auch in Gelsenkirchen sind die Folgen des Klimawandels spürbar: Weniger Niederschlag übers Jahr gesehen, Hitzestau in den Stadtquartieren, ein abnehmender Grundwasserspiegel. Mit der Zukunftsinitiative (ZI) „Wasser in der Stadt von morgen“ haben sich Emschergenossenschaft und Emscherkommunen 2014 auf den Weg gemacht, diese Herausforderungen zu meistern. „Unser gemeinsames Ziel ist eine nachhaltige, wasserbewusste Stadtentwicklung, die den natürlichen Wasserkreislauf und die Stadtnatur stärkt“, sagt Andreas Giga, Leiter der Serviceorganisation der Zukunftsinitiative bei der Emschergenossenschaft. Um das zu erreichen sollen zum Beispiel Flächen entsiegelt, Regenwasser abgekoppelt oder Dächer und Fassaden begrünt werden. Wasser, das so gespeichert wird, bewässert, verdunstet und kühlt vor Ort.

Niederschlagsgebühren einsparen
Maßnahmen, die vom Projekt „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“ (KRIS) der Ruhr-Konferenz des Landes gefördert werden. Unter dem Dach der Zukunftsinitiative setzen Kommunen und Emschergenossenschaft damit Bauprojekte zur Klimaanpassung um. Wie das an der Lukas-Kirche, das mit rund 93.000 Euro von Emschergenossenschaft und Land unterstützt wurde. Über die 100-Pozent-Förderung freut sich die Gemeinde. Denn die baulichen Veränderungen bringen nicht nur ökologische Vorteile mit sich, sondern auch finanzielle: „Wir sparen Niederschlagsgebühren ein“, sagt Baukirchmeister Jürgen Schlöhlein. „Und der tolle Nebeneffekt: Die Bäume auf dem Kirchvorplatz werden zusätzlich bewässert.“

Um das Regenwasser von den Dächern der Kirchengebäude versickern zu lassen, endet ein Fallrohr jetzt beispielweise in einer gepflasterten Rinne statt im Gully. Und die gepflasterte Rinne wiederrum führt zu einer Mulde auf der Wiese, wo das Wasser versickern kann. Solche Mulden sind rechts und links der Kirche auf der umgebenden Rasenfläche geschaffen worden, darunter liegen die Rigolen: Kästen, in denen das Wasser gespeichert und langsam an die Baumwurzeln und ins Grundwasser abgegeben wird. An anderer Stelle wird das Regenwasser unterirdisch über Rohrleitungen zu Rigolen geführt, die die Bäume auf dem Vorplatz bewässern. Durch diese Baumaßnahmen werden nun rund 1450 Kubikmeter Niederschlag pro Jahr dem natürlichen Wasserkreislauf wieder zugeführt. 

Die Zukunftsinitiative
Mit der 2014 gegründeten Zukunftsinitiative (ZI) „Wasser in der Stadt von morgen“ arbeitet die Emschergenossenschaft zusammen mit den Städten an einer wasserbewussten Stadt- und Raumentwicklung. Teil der Initiative ist das Projekt „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“ der Ruhrkonferenz des Landes Nordrhein-Westfalen, an dem sich seit Anfang 2020 alle Wasserverbände und Kommunen der Region (RVR-Raum) beteiligen. Die ZI-Serviceorganisation bei der Emschergenossenschaft setzt mit den Städten Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels um. Für den klimafesten Umbau der Städte in den Grenzen des Regionalverbandes Ruhr (RVR) stehen bis 2030 rund 250 Millionen Euro zur Verfügung. Bis 2040 sollen 25 Prozent der befestigten Flächen abgekoppelt werden und die Verdunstungsrate um 10 Prozentpunkte gesteigert werden. Stadterneuerung, Quartiersumbau, Wasserwirtschaft und Stadtnatur sind die tragenden Säulen der ZI-Serviceorganisation. 

Die Emschergenossenschaft
Die Emschergenossenschaft ist ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen, das effizient Aufgaben für das Gemeinwohl mit modernen Managementmethoden nachhaltig erbringt und als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip lebt. Sie wurde 1899 als erste Organisation dieser Art in Deutschland gegründet und kümmert sich seitdem unter anderem um die Unterhaltung der Emscher, um die Abwasserentsorgung und -reinigung sowie um den Hochwasserschutz. Seit 1992 plant und setzt die Emschergenossenschaft in enger Abstimmung mit den Emscher-Kommunen das Generationenprojekt Emscher-Umbau um, in das über einen Zeitraum von rund 30 Jahren knapp 5,5 Milliarden Euro investiert werden. www.eglv.de