Grüne Dächer der Müllverbrennungsanlage in Oberhausen kühlen das Stadtquartier

Startschuss für die „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“ vor einem Jahr an der GMVA. Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels

Oberhausen. Auf den Dächern der Gemeinschaftsmüllverbrennungsanlage Niederrhein (GMVA) in Oberhausen gibt es viele „Fette Hennen“. Gemeint ist nicht das Federvieh, sondern eine Pflanzenart, die zur Begrünung von Dachflächen eingesetzt wird. Seit einem Jahr wachsen sie dort oben und tragen so zur Verbesserung des Stadtklimas bei. Finanziert haben die Maßnahme das Land Nordrhein-Westfalen und die Emschergenossenschaft.

Genau vor einem Jahr haben NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser, Oberbürgermeister Daniel Schranz und Emschergenossenschafts-Vorstand Prof. Dr. Uli Paetzel an der Müllverbrennungsanlage in Lirich den Startschuss für ein Projekt der Ruhr-Konferenz gegeben: die „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“. Das Projekt soll den blau-grünen Umbau der Region vorantreiben und damit auch die Anpassung an die Folgen des Klimawandels.

Der bringt zunehmend Starkregen, Hitzeperioden oder Dürrezeiten mit sich. Zum Schutz vor Überflutungen und um Wasser zur Kühlung in der Stadt zu halten sollen Dächer und Fassaden begrünt, Flächen entsiegelt, unterirdische Speicher (Rigolen) angelegt und Versickerungsmöglichkeiten geschaffen werden. Damit Regenwasser nicht mehr in der Mischkanalisation landet, sondern vor Ort verdunstet oder ins Grundwasser geht.

3000 Quadratmeter Dachfläche auf sechs Gebäuden begrünt
Die Dachbegrünung an der Gemeinschaftsmüllverbrennungsanlage Niederrhein ist ein Beispiel dafür: Auf rund 4,9 Hektar versiegelter Fläche werden hier rund 700.000 Tonnen Abfall pro Jahr angeliefert und verbrannt. Die Anlage befindet sich in einem klimatisch belasteten und stark versiegelten Industriegebiet im Ortsteil Lirich der Stadt Oberhausen. Insgesamt sind nun rund 3000 Quadratmeter Dachfläche verteilt auf sechs Gebäuden mit der „Fetten Henne“ und anderen Sedum-Arten begrünt worden.

Diese Pflanzengattung hat dickfleischige Blätter, die besonders gut Wasser speichern können. Das wiederum kommt dem Stadtklima zu Gute: Über die Blätter wird an heißen Tagen Wasser verdunstet, was die Temperatur in der Umgebung kühlt. Außerdem sollen sich an zwei Fassaden des Kleinen Kühlturms (Süd- und Westseite) die Ranken des Immergrünen Geißblatts (Lonicera henryi) emporwinden – bis diese die Wand tatsächlich bis zu einer Höhe von acht Metern bedecken, ist noch ein bisschen Geduld gefragt.

Beitrag für die Schwammstadt
Diese zahlt sich am Ende aus: „Die Gründächer und Fassadenbegrünung bei der GMVA sind ein Beitrag für die ‚Schwammstadt‘ und für unseren großen Plan, die Region klimaresilienter zu gestalten. Gemeinsam mit den Kommunen der Zukunftsinitiative ‚Wasser in der Stadt von morgen‘ wollen wir in den nächsten Jahren viele weitere dieser Maßnahmen umsetzen“, erklärt Andreas Giga, Leiter der Serviceorganisation der Zukunftsinitiative bei der Emschergenossenschaft.

Gerade in den vergangenen Wochen ist das Grün auf den Dächern intensiver geworden, die Pflanzen bilden einen blühenden Teppich, der zum Beispiel Bienen anzieht. Dr. Angela Sabac-el-Cher, Geschäftsführerin der GMVA, ist das Dachbegrünungsprojekt eine Herzensangelegenheit: „Es freut uns natürlich sehr, in den letzten Tagen die Fortschritte auf unseren Dächern und Fassaden beobachten zu können. Für uns und unsere Mitarbeiter war dies ein spannendes Vorhaben und wir sind stolz darauf, mit diesem Leuchtturmprojekt eine Signalwirkung für weitere Dach- und Fassadenbegrünungen abzugeben.“ Zum Einjährigen will die GMVA-Geschäftsführerin auch dies loswerden: „Wir bedanken uns an dieser Stelle bei allen Akteuren der Emschergenossenschaft und der Stadt Oberhausen, die uns bei diesem Projekt, trotz aller Widrigkeiten durch die Corona-Pandemie, begleitet und die Umsetzung so schnell und unkompliziert realisiert haben.“

Grüne Fassaden, Flächen für Überflutung
Rund 240.000 Euro hat die Maßnahme an der GMVA gekostet, finanziert mit Fördermitteln der „Klimaresilienten Region mit internationaler Strahlkraft“ (KRIS) des Landes NRW und von der Emschergenossenschaft. Umgesetzt wird das Ruhrkonferenz-Projekt KRIS unter dem Dach der Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“, die Emschergenossenschaft und Kommunen 2014 ins Leben gerufen haben. Im ersten Jahr der „Klimaresilienten Region“ wurden weitere Maßnahmen in anderen Städten umgesetzt: So zum Beispiel die Begrünung von Dachflächen der Stadtwerke Bochum auf deren Betriebshof in Hamme, der Bau einer Starkregenüberflutungsfläche an einer Straßenverkehrskreuzung in Dinslaken oder die Fassadenbegrünung von Wohnhäusern der Allbau GmbH an der Gladbecker Straße in Essen. Weitere Maßnahmen sind in Oberhausen und anderen Städten in der Planung oder Prüfung. Dazu gehört in Oberhausen das Vorhaben, die Dächer von städtischen Gebäuden zu begrünen.

Die Zukunftsinitiative
Mit der 2014 gegründeten Zukunftsinitiative (ZI) „Wasser in der Stadt von morgen“ arbeitet die Emschergenossenschaft zusammen mit den Städten an einer wasserbewussten Stadt- und Raumentwicklung. Teil der Initiative ist das Projekt „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“ der Ruhrkonferenz des Landes Nordrhein-Westfalen, an dem sich seit Anfang 2020 alle Wasserverbände und Kommunen der Region (RVR-Raum) beteiligen. Die ZI-Serviceorganisation bei der Emschergenossenschaft setzt mit den Städten Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels um. Für den klimafesten Umbau der Städte in den Grenzen des Regionalverbandes Ruhr (RVR) stehen bis 2030 rund 250 Millionen Euro zur Verfügung. Bis 2040 sollen 25 Prozent der befestigten Flächen abgekoppelt werden und die Verdunstungsrate um 10 Prozentpunkte gesteigert werden. Stadterneuerung, Quartiersumbau, Wasserwirtschaft und Stadtnatur sind die tragenden Säulen der ZI-Serviceorganisation. 

Die Emschergenossenschaft
Die Emschergenossenschaft ist ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen, das effizient Aufgaben für das Gemeinwohl mit modernen Managementmethoden nachhaltig erbringt und als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip lebt. Sie wurde 1899 als erste Organisation dieser Art in Deutschland gegründet und kümmert sich seitdem unter anderem um die Unterhaltung der Emscher, um die Abwasserentsorgung und -reinigung sowie um den Hochwasserschutz. Seit 1992 plant und setzt die Emschergenossenschaft in enger Abstimmung mit den Emscher-Kommunen das Generationenprojekt Emscher-Umbau um, in das über einen Zeitraum von rund 30 Jahren knapp 5,5 Milliarden Euro investiert werden. www.eglv.de