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Das Emscher-/Lippe-Gebiet ist durch die Auswirkungen des Steinkohlebergbaus geprägt. Als Folge sind viele Gebiete von Bergsenkungen betroffen, durch die abflusslose Senken – sogenannte Polder – entstanden sind. In diesen Polderflächen sammelt sich einerseits das Niederschlagswasser, aber auch Gewässer haben keine natürliche Vorflut mehr und würden die häufig dicht besiedelten Poldergebiete in Seen verwandeln. Um das zu verhindern und den Hochwasserschutz zu sichern, erfolgt eine künstliche Entwässerung der Polder über verbandseigene Pumpwerke. Bei Überlastung des Pumpwerks oder dem Ganz- oder teilweisen Ausfall gelangt das Wasser allerdings dennoch in das abflusslose Bergsenkungsgebiet und sorgt dort für Überflutungen.
Das Forschungsprojekt PuwaSTAR soll ein Vorhersagesystem von Überflutungsflächen und -tiefen für Pumpwerke im Hochwasserfall entwickeln. Ziel ist es, auf Grundlage von Niederschlagsvorhersagen und unter Berücksichtigung der Betriebsdaten des Pumpwerks, sowie Ausfallwahrscheinlichkeiten der Pumpen eine Echtzeitvorhersage möglicher Überflutungsflächen und -tiefen auf Basis künstlicher Intelligenz bereitzustellen.
Durch den Einsatz von KI können zeitaufwändige hydraulische Simulationen bezüglich sich potenziell einstellender Überflutungen ersetzt und auf wenige Minuten reduziert werden. Somit können im Ereignisfall Vorhersagen zu auftretenden Überflutungsflächen und -tiefen in Echtzeit erstellt und diese Informationen für eine Überflutungswarnung zeitnah bereitgestellt werden. Diese innovative Form der dynamischen Vorhersage und frühzeitigen Warnung ermöglicht eine gezielte Planung des Katastrophenschutzes und verbessert somit die Vorsorge. Das KI-gestützte Vorhersagesystem wird an der Universität Siegen entwickelt und von der Hydrotec Ingenieurgesellschaft für Wasser und Umwelt mbH zur (operativen) Anwendung in Delft-FEWS implementiert. Konkrete Möglichkeiten einer verbesserten Vorhersage für die praktische Katastrophenvorsorge werden zudem gemeinsam mit den Städten Dorsten und Bottrop inkl. Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW) als assoziierte Partner erörtert und entsprechende Maßnahmenkonzepte erarbeitet.
Das Vorhaben soll am Beispiel des Pumpwerks Dorsten-Hammbach im Einzugsgebiet des Lippeverbandes demonstriert werden und dient als Grundlage für eine Übertragung der Erkenntnisse auf weitere Pumpwerksstandorte im Einzugsgebiet von EGLV sowie einen Transfer der Methodik für weitere Betreiber von Pumpwerken – oder anderen steuernden Abflusselementen wie z. B. Hochwasserrückhaltebecken.
Für das Pumpwerk Dorsten-Hammbach liegt bereits eine Risikostudie zur Überflutung des Poldergebiets bei vollständigem Pumpwerksausfall vor. Demnach ist ein Schaden von ca. 75 Millionen Euro zu erwarten, 1.800 Personen, vier Schulen, drei Altenheime und mehrere städtische Verwaltungseinrichtungen wären von einer Überflutung betroffen, was die Relevanz einer frühzeitigen Warnung zur Vorbereitung von Maßnahmen im Ereignisfall verdeutlicht.
Das Pumpwerk Dorsten-Hammbach besteht aus einem Schmutzwasserpumpwerk und einem Bachwasserpumpwerk. Letzteres entwässert den Hammbach, und seine Nebenläufe in die Lippe und soll unter Berücksichtigung der Betriebsdaten des Pumpwerks sowie den Ausfallwahrscheinlichkeiten der Pumpen abgebildet werden.
Das natürliche Einzugsgebiet des Hammbachs und Wienbachs – der wenige Kilometer vor dem Pumpwerk in den Hammbach mündet – hat eine Größe von rund 143 km² und ist im nördlichen Teil vorwiegend landwirtschaftlich geprägt mit Wulfen, Rhade und Lembeck als urbane Gebiete. Im Süden ist das Einzugsgebiet insbesondere durch die Siedlungsentwicklung Dorstens geprägt und stellt einen urbanen Raum dar. Die Topographie ist hier stark durch die Folgen des Bergbaus verändert, sodass hier durch Senkungen von 5 bis 7 Metern ein abflussloser Polder entstanden ist.
Für die zielorientierte Bearbeitung des Projekts wurden sechs Arbeitspakete definiert, die eng miteinander verknüpft sind.
von PuwaSTAR
Ziel: Generierung der notwendigen Niederschlags-Abfluss-Szenarien als Daten-Input für die 1D/2D-Überflutungsmodellierung und das Training der KI.
Ziel: Definition von Ausfallszenarien der Pumpenwerke und Ermittlung ihrer entsprechenden Wahrscheinlichkeiten
Ziel: Training der KI: Erstellung eines voll funktionsfähigen Künstlichen Neuronalen Netzes (KNN) zur 2D-Überflutungsvorhersage (2D-ÜV-Methode) unter Berücksichtigung möglicher Pumpenausfallszenarien
Ziel: Integration der neu erstellten 2D-ÜV-Methode und Echtzeit-Aufzeichnung des Betriebszustands der Pumpen in ein Testsystem des bereits bei LV und EG im Einsatz befindlichen Delft-FEWS.
Ziel: Definition von Endnutzeranforderungen (Katastrophenvorsorge) an den Demonstrator und gemeinsame Entwicklung von Vorsorgestrategien und Organisationskonzepten in Abstimmung mit assoziierten Partnern.
Ziel: Koordination des Projektes und der beteiligten Verbundpartner sowie die Verbreitung und Nutzbarmachung des Ansatzes für interessierte Kreise und Akademiker
In Bearbeitung: Die (Zwischen-)Ergebnisse werden hier aktualisiert.
PuwaSTAR wurde auf dem Tag der Hydrologie vom 19. bis 21. März 2024 in Berlin vorgestellt. Hier geht es zum Tagungsband.
Workshop zu Anforderungen an eine auswirkungsbasierte Überflutungsvorhersage mit den Endnutzern (11.03.2024, Essen)
Kickoff-Meeting mit Pumpwerksbesichtigung Dorsten-Hammbach (15.11.2023, Kläranlage Dorsten)
Projektlaufzeit: 01.10.2023 – 31.09.2025
Das Verbundvorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung innerhalb der Fördermaßnahme „Anwender – Innovativ: Forschung für die zivile Sicherheit II“ gefördert.
Informationen zum Sicherheitsforschungsprogramm des BMBF gibt es auf www.sifo.de.