Blaugrüne Idylle überzeugt bereits trotz verzögerter Emscher-Renaturierung
Oberhausen-Holten: Arbeiten der Emschergenossenschaft wegen Altlasten vermutlich bis Ende 2027 ausgesetzt. Sanierungskonzept ist bereits in Erarbeitung

Oberhausen. Die Emscher-Aue im Holtener Bruch wirkt bereits wie ein blaugrünes Naturidyll – dabei sind die Renaturierungsarbeiten der Emschergenossenschaft noch nicht abgeschlossen bzw. haben teilweise erst gar nicht begonnen. Aufgrund von Altlasten in der Nähe der neuen Emscher-Aue waren die Bauarbeiten gestoppt worden, um das künftige Flussbett nicht zu kontaminieren. Ein von der Emschergenossenschaft und von OQ Chemicals beauftragter Gutachter erarbeitet zurzeit ein Konzept zur Sanierung der Altlast. Voraussichtlich im Herbst 2025 werden erste Ergebnisse Aufschluss über das weitere Vorgehen bei der ökologischen Verbesserung der Emscher geben. Nach aktuellem Stand geht die Emschergenossenschaft jedoch nicht von einer Wiederaufnahme der Arbeiten vor Ende 2027 aus.
Ein Rückblick: Infolge eines Starkregenereignisses vom 22./23. Juni 2023 wurde einige Tage später in Oberhausen eine Gewässerverunreinigung auf der Emscher festgestellt. Dabei handelte es sich um einen Austritt „Öl“-artiger Tröpfchen auf einer Länge von zirka 250 Metern entlang des Emscher-Deiches zwischen König- und Bahnstraße in den Oberhausener Stadtteilen Biefang und Holten. Kurze Zeit später waren die Austritte wieder zum Stillstand gekommen. Als Sofortmaßnahme hatte die Emschergenossenschaft unverzüglich zur Verhinderung einer Schadensausdehnung Ölsperren eingesetzt. Zeitgleich begann die Ursachenforschung durch die Emschergenossenschaft und OQ Chemicals, deren Werksgelände sich unmittelbar an der betroffenen Stelle befindet. Dabei wurden in den nördlich der Emscher vorhandenen Grundwassermessstellen auf dem Gelände des Ruhrchemie-Werks und der angrenzenden Emscher-Flächen Verunreinigungen in Form von sogenannten Ölphasen festgestellt.
Als mögliche Ursache waren Altlasten ausgemacht worden, die den Behörden bekannt sind und regelmäßig überwacht werden. Bis dato wurden sie als auf dem Standort verbleibend eingestuft. Nach dem Starkregenereignis und dem Hochwasser am 22./23. Juni 2023 und des dadurch in der Folge angestiegenen Grundwasserspiegels wurden die Schadstoffe vermutlich freigesetzt und gelangten so in die Emscher.
Blaugrüner Emscher-Umbau in drei Abschnitten
Der blaugrüne Umbau der Emscher im Holtener Bruch sieht eine breite Auenfläche für den Fluss vor und besteht aus drei Bauabschnitten. Im Sommer 2023 befand sich die Emschergenossenschaft in der Fertigstellung des zweiten Bauabschnittes, bei dem es um den Aushub und die Modellierung der künftigen Emscher-Aue ging. Hierbei lag die Emschergenossenschaft deutlich vor dem Zeitplan. Zunächst für Ende 2023 vorgesehen, konnten diese Arbeiten – ungehindert von der Altlastenthematik – bereits im Oktober 2023 abgeschlossen werden.
Der dritte Bauabschnitt sieht unter anderem die Entfernung des in Fließrichtung linksseitigen Emscher-Deiches vor, damit die Emscher künftig durch ihre neue Aue fließen kann. Diese Arbeiten hätten im Januar 2024 starten sollen. Die Emschergenossenschaft hatte jedoch frühzeitig entschieden, solange nicht mit der Entfernung des Deiches zu beginnen, bis über eine Sanierung der Altlastenfläche entschieden wurde. Mit dem Maßnahmenstopp stellt die Emschergenossenschaft aus Umweltschutzgründen sicher, dass eine Kontamination der neuen Emscher-Aue mit eventuell verunreinigtem Wasser verhindert wird.
Über das weitere Vorgehen wird der Wasserwirtschaftsverband informieren, sobald erste entsprechende Erkenntnisse vorliegen. Aufgrund von zu erwartenden Umplanungen und den diesen sich anschließenden Genehmigungsverfahren ist von einer Wiederaufnahme der Arbeiten nicht vor Ende 2027 zu rechnen. Die Emschergenossenschaft bittet die Bürgerinnen und Bürger um Verständnis.
Hochwasserschutz in Holten
Übrigens: Wenn der aktuelle, linksseitige Emscher-Deich einmal abgetragen wird, beeinträchtigt dies keinesfalls den Hochwasserschutz für die unmittelbaren Anwohner*innen in Oberhausen. Ganz im Gegenteil, denn die Emschergenossenschaft hatte bereits vor einigen Jahren im Rahmen der Verlegung des hochliegenden Abwasserkanals Emscher (AKE) zwischen Oberhausen und Dinslaken einen neuen Emscher-Deich als Landschaftsbauwerk – mit einem statisch erforderlichen neuen Deich und dem neuen, hochliegenden Abwasserkanal – gebaut. Tagtäglich spazieren oder fahren zahlreiche Bürgerinnen und Bürger über diese wichtige Hochwasserschutzeinrichtung, denn der beliebte Fuß- und Radweg entlang der künftigen Emscher-Aue verläuft genau auf diesem neuen Landschaftsbauwerk!
Emschergenossenschaft
Am 14. Dezember 1899 als erster deutscher Wasserwirtschaftsverband gegründet, ist die Emschergenossenschaft heute gemeinsam mit dem 1926 gegründeten Lippeverband Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Unternehmens sind die Abwasserentsorgung, der Hochwasserschutz sowie die Klimafolgenanpassung. Ihr bekanntestes Projekt ist der Emscher-Umbau (1992-2021), bei dem die Emschergenossenschaft im Herzen des Ruhrgebietes eine moderne Abwasserinfrastruktur baute. Dafür wurden 436 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen verlegt und vier Großkläranlagen gebaut. Rund 340 Kilometer an Gewässern werden insgesamt renaturiert. Parallel entstanden über 130 Kilometer an Rad- und Fußwegen, die das neue blaugrüne Leben an der Emscher und ihren Nebenläufen erleb- und erfahrbar machen. www.eglv.de