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Sondergesetzliche Wasserverbände wie Emschergenossenschaft und Lippeverband dürfen als Non-Profit-Unternehmen die Pflichtaufgaben der Abwasserbeseitigung für die Kommunen übernehmen. Das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) hat entschieden, dass die Kommunen die Aufgabe der Abwasserbeseitigung seit Juli 2016 auf die sondergesetzlichen Wasserverbände übertragen können. Die gesetzliche Grundlage dafür ist das Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (§ 52 Abs. 2 LWG NRW). Bei der Aufgabenübertragung handelt es sich um einen hoheitlichen Übertragungsakt von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft auf eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft – das bedeutet, das Kanalnetz bleibt Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Die bereits umgesetzten Übertragungen in Hamm (2007), Nordkirchen (2019) und Reken (2025) auf den Lippeverband zeichnen ein erfolgreiches Bild dieser kooperativen Zusammenarbeit zwischen Kommune und Wasserverband.
Wenn Sie Fragen oder Hinweise zum öffentlichen Kanalnetz haben in Kommunen, in denen die Aufgabe auf Emschergenossenschaft und Lippeverband übertragen wurde, nehmen die Mitarbeitenden der zentralen Betriebsüberwachungszentrale (BÜZ) Ihre Hinweise gerne auf. Rund um die Uhr – von Montag bis Sonntag.
Telefon: 02041 7680
E-Mail: buez.bot@eglv.de
Kanalnetz-Übertragung als öffentlich-öffentliches Partnerschafts-Modell
Die sogenannten sondergesetzlichen Wasserverbände nehmen gesetzlich übertragene, staatliche Aufgaben im Rahmen der Wasserwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen wahr. Hierbei handelt es sich bespielweise um die Ableitung und Reinigung von Abwasser sowie die Renaturierung, Unterhaltung und Entwicklung von Gewässern. Um sicher zu stellen, dass diese wasserwirtschaftlichen Aufgaben landeseinheitlich wahrgenommen werden, unterstehen die sondergesetzlichen Wasserverbände der direkten Aufsicht des NRW-Umweltministeriums.
Das Emschergenossenschaftsgesetz dient in den Folgejahren als Modell für die Gründung der anderen nordrhein-westfälischen Wasserwirtschaftsverbände, wobei „Genossenschaft“ und „Verband“ hier synonym verwendet werden. Charakteristisch für die Arbeit der Verbände ist, dass ihr Handeln ohne wirtschaftliches Eigeninteresse für die Daseinsvorsorge aller Bürgerinnen und Bürger und zum Nutzen ihrer Mitglieder auf einer eigenen gesetzlichen Grundlage erfolgt. Emschergenossenschaft und Lippeverband sorgen neben ihrer Kernaufgabe – der Abwasserbeseitigung – insbesondere auch für das Wiederherstellen lebendiger, artenreicher Flusslandschaften und geben Impulse für Stadtentwicklung und Strukturwandel. Die flussgebietsbezogene Organisationsform ist eine historisch gewachsene Besonderheit, die es in Deutschland insbesondere in Nordrhein-Westfalen gibt.
Städte und Gemeinden in NRW sind gesetzlich dazu verpflichtet, das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser (Schmutz- und Niederschlagswasser) zu sammeln, zu reinigen und anschließend wieder in die Gewässer einzuleiten (§ 46 Landeswassergesetz NRW – LWG -/§ 56 Wasserhaushaltsgesetz – WHG –). Sie sind damit auch verpflichtet, die dazu erforderlichen Anlagen zu planen, bauen und zu betreiben. Diese umfassende Abwasserbeseitigungspflicht wird in NRW häufig geteilt:
In einigen Einzugsgebieten größerer Flüsse nehmen insgesamt neun Sondergesetzliche Wasserwirtschaftsverbände das Reinigen des Abwassers und das anschließende Einleiten des gereinigten Wassers in die Flüsse wahr. Gesetzliche Grundlage hierfür ist § 53 LWG. Zur Umsetzung der komplexen Aufgabe „Abwasserbeseitigung“ dient das Instrument der „Abwasserbeseitigungskonzepte“ (ABK). Kommunen und Verbände sind gesetzlich verpflichtet, Abwasserbeseitigungskonzepte zu erstellen. (§§ 47, 53 des LWG).
Abwasseranlagen sind so zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten, dass die Anforderungen an die Abwasserbeseitigung eingehalten werden. Schäden an Kanälen (Abwasseranlagen) können dazu führen, dass Abwasser austritt, dabei in den umgebenden Boden und in das Grundwasser eintritt und dort zu Verunreinigungen führt. In anderen Fällen kann anstehendes Grundwasser in die schadhafte Kanalisation eintreten (Fremdwasser), mitgeführt werden und so das gesamte Entwässerungssystem unnötig belasten. Das kann auch dazu führen, dass ein dem Stand der Technik entsprechender Betrieb der Kläranlage nicht gewährleistet werden kann. Um diese Folgen auszuschließen, sind die Städte und Gemeinden dazu verpflichtet, ihre Kanalisation regelmäßig zu überprüfen, bei Bedarf zu sanieren und regelmäßig in entsprechende Maßnahmen zu investieren, damit die gesetzlichen Vorgaben (§ 60 WHG) jederzeit eingehalten sind.
Das Land NRW hat mit seiner Novellierung des Landeswassergesetzes im Jahr 2016 entschieden, dass die Kommunen die Aufgabe der Abwasserbeseitigung (wieder) auf die Sondergesetzlichen Wasserwirtschaftsverbände übertragen können. Die gesetzliche Grundlage dafür ist das Landeswassergesetzes (§ 52 Abs. 2 LWG), welcher im Jahr 2021 mit einer zweiten Änderung noch einmal konkretisiert wurde.
Bis zum Jahr 2007 bestand hierzu die Möglichkeit über die Sondergesetze der Verbände. Diese rechtliche Grundlage entfiel jedoch, sodass zwischen 2007 und 2016 der damalige Gesetzgeber vor dem Aspekt „Privat vor Staat“ keine Übertragung der Aufgaben auf öffentliche Partner zugelassen hat.
Nein!
Die Kommunen veräußern ihr Kanalnetz nicht! Bei der Aufgabenübertragung handelt es sich nicht um einen Kauf oder eine Privatisierung, sondern um einen hoheitlichen Übertragungsakt von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft auf eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft auf der Grundlage des Landeswassergesetzes (§ 52 Abs. 2 LWG).
Nein!
Bei der Aufgabenübertragung handelt es sich um einen hoheitlichen Übertragungsakt von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft auf eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft. Es ist also ein öffentlich-öffentliches Modell! Die gesetzliche Grundlage dazu ergibt sich aus dem Landesgesetz (§ 52 Abs. 2 LWG).
Emschergenossenschaft und Lippeverband handeln dabei nicht privatrechtlich/rechtsgeschäftlich sondern im Rahmen eines staatlichen Hoheitsaktes. Sie erfüllen hoheitliche Aufgaben der Daseinsvorsorge auf einer eigenen gesetzlichen Grundlage, zum Wohle der Allgemeinheit und zum Nutzen der Mitglieder (insbesondere der Kommunen). Mit einer Aufgabenübertragung ist weder eine „materielle Privatisierung“ noch eine „mittelbare Privatisierung“ der Aufgabe verbunden. Körperschaften des öffentlichen Rechts dürfen weder Gewinne erzielen noch fallen bei der Erledigung der hoheitlichen Aufgabe Steuern an!
Seit 2007 gibt es in den Gebieten der Sondergesetzlichen Wasserverbände eine Vielzahl von Kommunen, die das öffentlich-öffentliche Partnerschaftsmodell zur Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht gewählt haben.
Der Lippeverband hat auf damaliger verbandsrechtlicher Grundlage die Aufgabe der Abwasserbeseitigung von der Stadt Hamm (2007) übernommen. Nach der Novellierung des Landeswassergesetzes folgten dann Nordkirchen (2019) und Reken (2025). Somit gibt es bereits drei erfolgreiche Aufgabenübertragungen im Gebiet von Emschergenossenschaft und Lippeverband. Zudem führen die beiden Verbände auch aktuell weitere Gespräche mit interessierten Kommunen zu den Möglichkeiten der Aufgabenübertragung.
Mit der Aufgabenübertragung entfällt die gesetzliche Schnittstelle bei der Abwasserbeseitigung zwischen der Kommune (Abwasser sammeln und fortleiten) und dem Verband (das zugeleitete Abwasser reinigen und wieder einleiten). Zukünftig erfolgt die gesamte Abwasserbeseitigung aus einer Hand.
Nach einer Aufgabenübertragung verbleiben bei der Kommune die
und die Aufgabe zur Aufstellung und Beschlussfassung des Abwasserbeseitigungskonzept (ABK).
Die Vorbereitungen der Beschlussvorlage zum ABK erfolgen in enger Abstimmung mit Emschergenossenschaft und Lippeverband.
An den bestehenden Abwasseranlagen (dazu gehört beispielsweise auch das Kanalnetz) behält die Kommune das rechtliche (dingliche) Eigentum. Der Verband erhält jedoch ein vollständiges Nutzungsrecht an den Anlagen zur Durchführung der übernommenen Aufgaben. Dieses Recht ergibt das sog. „wirtschaftliche Eigentum“, welches in diesem Zuge auf den Verband übergeht. Das bedeutet, dass die so übernommenen Abwasseranlagen wirtschaftlich als Vermögensgegenstand des Verbandes behandelt werden und so durch ihn entsprechend bilanziert und abgeschrieben werden können.
Der Verband nutzt die bestehenden Anlagen zur Durchführung der übernommenen Aufgabe und nimmt anstelle der Kommune die Abschreibung vor, um dann die notwendigen Neuinvestitionen zum Erhalt der Abwasseranlagen tätigen zu können. An den neu zu errichtenden Abwasseranlagen hält der Verband dann zukünftig sowohl das wirtschaftliche als auch das rechtliche (dingliche) Eigentum.
Eine separate Genehmigung der Bezirksregierung zur Aufgabenübertragung erfolgt nicht, die Bezirksregierung hat einen Prüfauftrag.
Die Gemeinde hat vor der Aufgabenübertragung einen Nachweis über den Investitionsbedarf zur Sanierung der dem Kanalisationsnetz zugehörigen Abwasseranlagen und über die zeitliche Abfolge der erforderlichen Maßnahmen zu erstellen und der zuständigen Bezirksregierung vorzulegen (§ 52 Abs. 2 S. 3 – 5 LWG). Grundlage sind die Investitionen und Abschreibungszeiten der bestehenden Abwasseranlagen. Die zuständige Bezirksregierung prüft diesen Nachweis, um sicherzustellen, dass die notwendigen Maßnahmen zum Erhalt der Abwasseranlagen auch zukünftig durch den Verband getätigt werden und so die kommunale Abwasserbeseitigungspflicht rechtskonform umgesetzt wird.
Die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Bezirksregierung ist Voraussetzung für die verbandsrechtliche Genehmigung. Eine separate Genehmigung der Bezirksregierung zur Aufgabenübertragung erfolgt nicht.
Die Aufgabenübertragung bedarf einer verbandsrechtlichen Genehmigung des Umweltministeriums (§ 52 Abs. 2 S. 8 LWG).
Die Abwasserbeseitigung bleibt als Teil der Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand und wird nicht privatisiert! Mit der Aufgabenübertragung wollen die Sondergesetzlichen Wasserverbände, ihrem Kerngeschäft entsprechend, zusätzliche Aufgaben für ihre Mitglieder übernehmen – das ist ganz im Sinn des „Genossenschaftsgedankens“. In Zukunft möchten die Verbände auf Grundlage ihrer besonderen Erfahrungen noch mehr Verantwortung in den Verbandsgebieten übernehmen: Immer im Sinne der Daseinsvorsorge und vor dem Status als öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen. Die Auflösung der heute bestehenden technischen Schnittstelle bringt erhebliche Vorteile bei der Unterhaltung des Kanalnetzes sowie der Bewirtschaftung aller Abwasseranlagen mit sich. Auf diesem Wege können Kommune und Wasserverband partnerschaftlich den wasserwirtschaftlichen Herausforderungen und auch gesetzlichen Vorgaben begegnen.
Für Sie als Bürgerinnen und Bürger ändert sich durch die Aufgabenübertragung auf den Lippeverband oder die Emschergenossenschaft nichts: Der Gebührenbescheid kommt weiterhin von Ihrer Gemeinde. Falls Sie ein Problem mit dem öffentlichen Kanalnetz feststellen, rufen Sie uns an unter 02041 7680 oder schreiben Sie eine E-Mail an buez.bot@eglv.de.
Die Stadt erhält durch die Verbände einen Wertausgleich für die bestehenden und zur Nutzung an den Verband übergebenen Abwasseranlagen. Die Höhe des Wertausgleichs wird im Einzelfall ermittelt und zwischen Verband und Kommune abgestimmt.
Die Kommune wird auch weiterhin die Gebühren kalkulieren und erheben. Die Gebührenhoheit verbleibt weiterhin bei der Kommune.
Als Non-Profit-Unternehmen dürfen die sondergesetzlichen Wasserverbände keine Gewinne erzielen. Sie verdienen und verlieren nicht durch die Aufgabenübertragung. Alle Kosten aus der übertragenen Aufgabe trägt die Kommune über einen Sonderbeitrag, ohne jegliche Gewinnzuschläge. Die Verbände handeln im genossenschaftlichen Sinne und unterstützen entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag, dass ihre Mitglieder vom starken Partner und dessen Erfahrung und Know-how profitieren.
Die Verbände haben als Non-Profit-Unternehmen keine Rücklagen oder Gewinne aus ihrer bisherigen verbandlichen Tätigkeit, mit denen sie die Ausgleichszahlungen bei einer Aufgabenübertragung vornehmen könnten. Die Verbände werden vielmehr Darlehen mit längeren Laufzeiten und zu günstigen Konditionen speziell für die Finanzierung der Ausgleichszahlung aufnehmen.
Die Ausgleichszahlung kann grundsätzlich auch zur Entschuldung genutzt werden. Die Möglichkeit einer vollständigen oder teilweisen Entschuldung hängt von der Höhe der Ausgleichszahlung und dem Schuldenstand der jeweiligen Kommune ab. Hierbei sind jedoch die Aspekte einer Gebührenstabilität mitzudenken.
Die Kommune überträgt Ihrer Pflichtaufgabe auf einen großen Wasserverband, dessen Kerngeschäft die Siedlungswasserwirtschaft ist. Je weniger Schnittstellen durch unterschiedliche Akteure zu bedienen sind, desto mehr Synergieeffekte ergeben sich und umso größer ist die Möglichkeit, wirtschaftliche Vorteile zu heben, die letztendlich dem Gebührenzahler zugutekommen. Die Verbände bieten eine Sicherstellung des Bereitschaftsdienstes außerhalb der regulären Dienstzeiten und im Falle von Urlaubs- und Krankheitsvertretungen sowie eine 24/7-Anbindung an die verbandliche Betriebsüberwachungszentrale. Durch die Übertragung ist die personelle Fachkompetenz auch in Zeiten des sich ankündigenden Fachkräftemangels gewährleistet. Außerdem nutzt sie mit der Übertragung das gesamte technische, betriebswirtschaftliche und juristische Fachwissen des Wasserverbandes. Und dabei behält die Kommune alle kommunalen Entscheidungshoheiten für die Planung und die Investitionen ins Kanalnetz durch den Ratsbeschluss über das ABK sowie die Satzungs- und Gebührenhoheit.
Durch Wasserwirtschaft aus einer Hand können sich erhebliche Vorteile für die Kanalnetzunterhaltung und die Bewirtschaftung von Abwasseranlagen wie Regenrückhaltebecken, Stauraumkanälen, Pumpwerken und Kläranlagen ergeben. So können z. B. Kanalnetz und Kläranlage gemeinsam unter maximaler Nutzung der im Gesamtsystem verfügbaren Kapazitäten nachhaltig und technisch/wirtschaftlich optimal betrieben werden. Schnellere Reaktionen im Betrieb, z. B. die temporäre Speicherung von Abwasser im Kanalnetz, zum Schutz der biologischen Prozesse in den Kläranlagen oder zur Vermeidung möglicher und schädlicher Gewässereinleitungen, sind so möglich. Die Auflösung der Schnittstelle kommt somit umfänglich der Gewässerqualität zugute. Die Koordination von Kanalreinigung, Unterhaltungs- und Baumaßnahmen usw. kann aus einer Hand schnell und wirtschaftlich geleistet werden. So verkürzen sich beispielsweise auch bei der Planung und der Ausführung von Kanalbau- und Sanierungsprojekten, bei denen eine Vielzahl von Übergabepunkten betroffen sind, die Wege zur Informationsbeschaffung und Entscheidung.
Durch die Anbindung an die verbandliche Betriebsüberwachungszentrale – z. T. mit ganz eigenen Kommunikationsmitteln und mit eigenen Kabelverbindungen sowie 24/7 verfügbaren Mitarbeitern für Störungs- und Instandhaltungsarbeiten – wird eine ganzjährige Überwachung rund um die Uhr sichergestellt. Urlaubs- und Krankheitsvertretungen sind zu jeder Zeit gegeben.