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Ein Fluss ist kein Unternehmen – warum sollte er also Management brauchen? Die Antwort ist einfach: In unseren dicht besiedelten und industriell geprägten Regionen werden an ein Gewässer vielfältige Anforderungen gestellt. Abwässer von Städten, Gewerbe und Industrie müssen bewältigt, der Hochwasserschutz sichergestellt werden. Wir wollen angeln, baden, Boot fahren und vieles mehr. Um diese Aufgaben erfüllen zu können, benötigt ein Flussgebiet Pflege – Pflege, die nur im abgestimmten Zusammenwirken aller Beteiligten erbracht werden kann.
Genau das ist Flussgebietsmanagement: Die Sicherstellung des bestmöglichen Zustands für Mensch und Natur unabhängig von politischen Grenzen. Dabei sind das technische und wirtschaftliche Optimum gleichrangige Ziele unserer Anstrengungen. Der neueste Stand der Technik steht also genauso im Mittelpunkt wie eine kostengünstige Lösung. Flussgebietsmanagement muss bezahlbar bleiben.
Wir unterstützen die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen.
An Emscher und Lippe hat die zusammenhängende Bewirtschaftung von Flussgebieten eine über hundertjährige Geschichte. Was damals begann, die Betrachtung und Bewirtschaftung eines Flussgebietes als einheitliches Ganzes, ist heute zum europäischen Standard geworden. Eine lange Kette vergeblicher Versuche, ihren widerspenstigen Fluss auf eigene Faust zu bewirtschaften, hat die Menschen der Emscher-Region frühzeitig gelehrt, über Stadtgrenzen und Eigeninteressen hinaus zu kooperieren. Im Jahr 1899 wurde die Emschergenossenschaft in einer gemeinsamen Initiative von Anrainerstädten, Bergbau und Industrie als erster deutscher Wasserwirtschaftsverband gegründet. Der Lippeverband folgte etwa 25 Jahre später, denn auch an Lippe und Seseke hatten Bergsenkungen zu erheblichen Störungen der Vorflut und des Grundwassers geführt. Ständige Überflutungen der umliegenden Gebiete richteten großen Schaden an, stehende Gewässer bildeten den Brutherd für gefährliche Epidemien. Auch hier sorgte ein Plan für das gesamte Flussgebiet nach dem Vorbild der Emscher für eine Lösung des Problems.
So einfach wie das Wasser aus der Leitung kommt, verschwindet es auch wieder. Denkt man. Doch Wasser ist kein Wegwerfprodukt – das Abwasser von heute ist das Trinkwasser von morgen. Damit dieser Kreislauf nachhaltig funktioniert, ist ein bewusster und schonender Umgang mit der Ressource Wasser ebenso erforderlich wie eine sicher funktionierende Klärung des Abwassers, die Schadstoffe zuverlässig und umweltschonend entfernt. Abwasserwirtschaft als Teil der Daseinsvorsorge und Umweltschutz gleichzeitig.
Moderne Abwasserreinigung vollzieht sich ein einer Reihe von Schritten, die sorgfältig aufeinander abgestimmt sind. Der Klärprozess beginnt mit der mechanischen Reinigung, danach folgen die biologische Reinigung und die Nachklärung. Am Ende steht die Behandlung des anfallenden Klärschlamms. Dies ist zugleich die Schnittstelle zum nächsten Prozess, der Klärschlammverwertung.
Die Zeiten, in denen Kläranlagen nur aus einem Becken zur mechanischen Reinigung bestanden, sind längst vorbei. Schon frühzeitig haben wir die biologische Klärstufe zum Abbau von Kohlenstoff, Phosphor und Stickstoff zum Standard auf unseren Anlagen gemacht. Mit ersten Testbetrieben zur Membranfiltertechnologie gehen wir den nächsten Schritt zur Nutzung modernster Technologie für den Prozess der Abwasserreinigung.
Als zukunftsorientierter regionaler Akteur in der Wasserwirtschaft sind wir ständig auf der Suche nach innovativen Lösungen für eine Vielzahl von Herausforderungen. Wir beteiligen uns sowohl auf Landesebene als auch im europäischen Maßstab an einer ganzen Reihe von Projekten, die erfolgversprechende neue Konzepte nicht nur für die Abwasserreinigung, sondern auch für die Energieerzeugung oder den Umgang mit einem veränderten Klima erarbeiten.
Gereinigtes Abwasser hinterlässt Spuren: Klärschlamm und auch Klärgas, wertvolle Reststoffe der Abwasserreinigung und gleichzeitig Rohstoffe für die Energiegewinnung. In den Faulbehältern der Kläranlagen entstehen im letzten Schritt der Abwasserreinigung große Mengen des energiereichen Klärgases. Dieses Gas kann als Brennstoff für Blockheizkraftwerke dienen, in denen gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt werden. Diese nutzen wir bevorzugt auf den eigenen Anlagen. So deckt zum Beispiel das Blockheizkraftwerk des Lippeverbandes auf der Kläranlage Dorsten einen großen Teil des Strombedarfs der Anlage und beheizt zusätzlich die Betriebsgebäude. Gleiches gilt z.B. für die Kläranlage der Emschergenossenschaft in Bottrop. Auf diesem Wege werden natürliche Ressourcen geschont, das Klärgas sinnvoll genutzt und die Betriebskosten gesenkt.
Die Emschergenossenschaft betreibt auf der Zentralen Schlammbehandlungsanlage Bottrop eine Anlage zur Verbrennung von Klärschlamm mit zwei Wirbelschichtöfen (WS01 und WS02). Für diese Anlage wird hiermit die gemäß § 18 der 17. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz vorgeschriebene Unterrichtung der Öffentlichkeit vorgenommen.
Noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stanken die Zustände in Deutschland zum Himmel. Schmutzwasser und zum Teil auch Fäkalien wurden in den Städten bedenkenlos über die Rinnsteine entsorgt: Die Oberflächengewässer übernahmen diese unschöne Fracht. Natürlich versickerte ein Teil des Abwassers und verseuchte das Grundwasser. In der Emscher-Lippe-Region brachten zudem bergbaulich bedingte Bergsenkungen häufig den Wasserabfluss ganz zum Erliegen. Verheerende Seuchen waren die Folge.
Nur ein Gesamtkonzept für die Region konnte die Situation für die Bevölkerung an den Flüssen nachhaltig verbessern: Im Zuge des Bergbaus wurden die Fliessgewässer zu langgezogenen, offenen Abwassersammlern ausgebaut, die Niederschläge und Schmutzwasser sicher abtransportierten. Die Seuchengefahr war gebannt. Heute kann das Schmutzwasser aus den Wasserläufen ferngehalten werden. Es wird durch unterirdisch angelegte Kanäle der Kläranlage zugeleitet. Die abwasserfreien Wasserläufe haben nun die Chance auf eine naturnahe Umgestaltung. Damit werden sie für die Bevölkerung als lebendige Elemente einer Flusslandschaft neu erlebbar.
Bei Regenwetter rauscht es gewaltig in der Mischkanalisation an Emscher und Lippe – und die Kläranlagen stoßen irgendwann an ihre Belastungsgrenzen. Dann verhindern Regenüberlaufbecken und Stauraumkanäle ein Kollabieren des Systems. Ausgestattet mit einem deutlich größeren Durchmesser als normale Abwasserkanäle dienen sie als unterirdische Zwischenspeicher für die Mischwassermengen, die von den Kläranlagen nicht sofort verarbeitet werden können. Nach Abklingen des Regens wird das gespeicherte Wasser nach und nach den Kläranlagen zugeführt. In den Regenüberlaufbecken und Stauraumkanälen setzen sich die Schmutzstoffe bereits am Boden ab. So kann das stark verdünnte und mechanisch vorgeklärte Abwasser bei anhaltendem Regen, wenn auch die Zwischenspeicher ausgelastet sind, direkt in die Gewässer abgeleitet werden, ohne diese übermäßig zu belasten.
Die Tatsache, dass Wasser wie selbstverständlich durch die Emscher und die Lippe sowie deren Nebenläufe fließt, müssen wir in den vom Bergbau geprägten Einzugsbereichen seit über 100 Jahren aufwändig und technisch anspruchsvoll organisieren. In den Poldergebieten der Emscher- und der südlichen Lipperegion arbeiten zahlreiche Entwässerungspumpwerke Tag und Nacht. Ihr Standort ist jeweils der tiefste Punkt einer Senkungsfläche.
Die Regelung des Wasserabflusses war von Anfang an eine unserer Kernaufgaben. Wasser sucht sich seinen Weg. Es folgt dem Gefälle und findet immer den tiefsten Punkt. Ist das natürliche Gefälle eines Fliessgewässers beeinträchtigt oder gar gestört, stoppt der Abfluss und Wasser sammelt sich in Senken – oder fließt rückwärts! Wie lässt sich eine solche Situation verhindern? Auf zwei Wegen: Zum einen haben wir im unteren Flussverlauf liegende Flussabschnitte vertieft. Wenn Flüsse und Bäche ins Stocken kamen, haben wir so das Gefälle erhöht. Zum anderen haben wir abgesunkene Gewässerbereiche so weit angehoben und mit Deichen abgesichert, bis die Höhenlage der früheren Sohle wieder erreicht und der Abfluss damit gewährleistet wurde. Dort, wo die Wasserläufe von Emscher und Lippe durch menschliche Eingriffe angehoben wurden, mussten Deiche her, um das tiefer liegende Umland vor Hochwasser zu schützen.
Besonders im dicht besiedelten Revier entstand so eine Deich- und Polderlandschaft. Der Bau zahlreicher Deiche und Pumpwerke wurde notwendig, um die Polderflächen hinter den Deichen von Wasser freizuhalten. Die ständig zunehmenden Bergsenkungen machten diese wasserwirtschaftliche Lösung unentbehrlich. Da sich die Landschaft infolge des Bergbaus dauerhaft verändert hat, trägt dieser als Verursacher seither die Kosten.
Schon immer hat der Mensch Bäche und Flüsse für seine Zwecke genutzt, als Trinkwasser, zur Erholung, für den Fischfang, zur Bewässerung, zur Einleitung von Abwasser, zur Energiegewinnung und für vieles mehr. Mit den vielfältigen Nutzungen hat sich das Aussehen der Gewässer geändert. Sie wurden funktionstüchtig gemacht, d.h. begradigt, die Ufer befestigt und das Gewässerprofil ausgebaut. Deiche, Wehre und Staustufen wurden angelegt und die Laufstrecke gekürzt. In vielen Städten wurden sie überbaut oder endeten in der Kanalisation. Vorrangiges Ziel war es, die Abwässer und den Regen möglichst schnell durch den Fluss abzuleiten.
Die Ansprüche des Menschen an den Umgang mit unseren Gewässern haben sich inzwischen geändert. Flüsse und Bäche sollen wieder verstärkt als natürliche Elemente im Raum wahrgenommen werden, zwar vom Menschen nach wie vor intensiv genutzt, aber auch nachhaltig gepflegt sowie angemessen und vorausschauend entwickelt. Mit viel Spielraum für die eigene Dynamik der Gewässer.
Der Umbau eines Gewässers ist nicht nach dem Abzug der Baumaschinen abgeschlossen. Seine eigentliche Entwicklung beginnt erst jetzt: Sohle und Uferflächen müssen sich erst vom Bau erholen und bilden dann ihre typischen Strukturen aus. Auch die Vegetation im Bach und entlang der Ufer muss sich erst entfalten. Dabei durchlaufen Flora und Fauna verschiedene Anpassungsphasen. Das Ergebnis des Prozesses ist der flächendeckende Bewuchs mit Gehölzen wie Erlen und Weiden. Sie säumen die Ufer der Fließgewässer in unseren Breitengraden unter natürlichen Bedingungen fast immer.
Ökologisch macht das durchaus Sinn: Im Sommer spenden ausreichend hohe Gehölze Schatten und sorgen so für niedrigere und stabilere Wassertemperaturen. Der Wechsel von Licht und Schatten verhindert gleichzeitig übermäßiges Pflanzenwachstum im Gewässerbett. So bleibt der Sauerstoffgehalt des Wassers ausreichend hoch. Von diesem hängt das Leben vieler Tiere im Bach ab.Bis natürlich gewachsene Gehölze entlang der Ufer eine ausreichende Höhe haben, vergehen jedoch viele Jahre. In einem frühen Stadium besiedeln überwiegend Pflanzenarten wie Brennnesseln, Disteln, drüsiges Springkraut und weitere Hochstauden die Uferbereiche. Erste Gehölze lassen sich ebenfalls blicken, aber sie wachsen langsamer. Doch schon nach wenigen Jahren bilden sie dichte Bestände, die das Gewässer zeitweise vollständig überwuchern können.
Diese Entwicklung ist gewünscht: In der dichten Vegetation finden zahlreiche Tierarten einen geschützten Raum, in dem sie sich ungestört ansiedeln können. Roden oder Zurückschneiden der Gehölze würde einzig dafür sorgen, dass der zugewachsene Zustand immer wieder hervorgerufen wird. Mit fortschreitendem Wachstum nimmt die Beschattung zu, die stärksten Bäume setzen sich durch und es bilden sich natürliche Auslichtungen. Distel- und Brennnesselbestände nehmen ab, das Gewässer wird zunehmend wieder sicht- und erlebbar.
Seit Dezember des Jahres 2000 gelten für die Gewässerbewirtschaftung in Europa neue Regeln. Die Wasserrahmenrichtlinie der EU (WRRL) stellt alle in der Wasserwirtschaft tätigen Institutionen vor neue Herausforderungen. Im Mittelpunkt der Richtlinie steht dabei ein integrierter Gewässerschutz, mit dem folgende Ziele erreicht werden sollen:
Der Schutz vor Hochwasser ist eine zentrale Aufgabe des Flussgebietsmanagements an Emscher und Lippe und ihren Nebengewässern. Bei Hochwasser und Extremwetterlagen können die sonst so ruhigen Fliessgewässer bedrohlich ansteigen. Die Niederschlagssituation, die Dichte der Bebauung, das Heranrücken der Besiedlung in die Aue hinein bis direkt ans Ufer, die bergbaulich bedingte Absenkung großer Areale und damit verbunden die Eindeichung langer Flussabschnitte – diese Faktoren bestimmen in der Emscher-Lippe-Region maßgeblich das Hochwasserrisiko und die Überschwemmungsgefahr. Sie sind gleichzeitig Grundlage unserer Maßnahmen zum Hochwassermanagement und zur Verminderung des Hochwasserrisikos.
Während in ländlichen Bereichen oft hinreichend Flächen entlang der Fliessgewässer für zeitweilige Überflutungen zur Verfügung stehen, sieht dies in den Städten ganz anders aus. Die meisten Fliessgewässer sind auf engem Raum kanalartig ausgebaut und mit hohen Deichen versehen. Das Wasser kann nicht ausweichen. Fällt hier mehr Regen als üblich, so steigt der Wasserstand besonders in den stark ausgebauten Fliessgewässern schnell an und kann sich zu Hochwasser entwickeln. Mit aufeinander abgestimmten technischen und organisatorischen Vorsorge- und Schutzmaßnahmen sind wir auf diesen Fall vorbereitet. Regenrückhaltebecken mildern die Hochwasserspitzen ab. Deiche entlang der Fliessgewässer sichern die meist tiefer liegende Umgebung vor Überschwemmungen, Pumpwerke sorgen dafür, dass Keller nicht vollaufen und Straßen nicht überflutet werden. Kommt es doch zum Hochwasser, geben Hochwasseraktionspläne Handlungsanweisungen zur Schadensminderungen.
Als Reaktion auf die extremen Hochwasserereignisse der vergangenen Jahre in vielen europäischen Flussgebieten hat das Europäische Parlament 2007 eine Hochwasserrichtlinie auf den Weg gebracht. Das Ziel ist es, hochwasserbedingte Risiken für die menschliche Gesundheit, die Umwelt, Infrastrukturen und Eigentum zu verringern und zu bewältigen.
Wie wahrscheinlich ist es, von einem Hochwasser betroffen zu werden? Kann man voraussagen, wann es eintrifft und wie stark es sein wird? Um diese Fragen zu beantworten, entwickeln wir seit Oktober 2007 ein Hochwasserinformationssystem für die Emscher-Lippe-Region, mit dem hochwasserrelevante Informationen kontinuierlich zur Verfügung stehen. Basis sind Regen- und Pegeldaten aus eigenen Messungen, die durch Radardaten und durch die Niederschlagsvorhersage des Deutschen Wetterdienstes ergänzt werden. Sie fließen in hydrologische Modelle der Emscher und der Lippe ein. Das ermöglicht uns eine rasche und sichere Einschätzung der Niederschlags- und Hochwasserlage und der daraus abzuleitenden Maßnahmen.
Diese auf den Einzelfall abgestimmten Sofortmaßnahmen ergänzen die grundsätzlichen Hochwasserschutzvorsorgemaßnahmen organisatorischer und technischer Art:
„Verstetigung des Wasserabflusses“ und „Retention“ nennen es die Fachleute. Gemeint ist das kontrollierte Zulassen von Überflutungen auf dafür vorgesehenen Flächen rechts und links der Fliessgewässer. Heute überwiegend land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen werden dabei so gestaltet, dass sie in Extremsituationen zum Schutz von Menschenleben und Sachwerten entlang der Flüsse dienen können, ohne dass die gegenwärtige Landnutzung dabei einschneidend verändert wird.
Wo breite Auenbereiche die Flüsse und Bäche begleiten und zusätzlich Flächen für diesen Zweck zur Verfügung stehen, gibt es kein Platzproblem. Für die dicht besiedelten städtischen Bereiche, in denen die Bebauung oft bis dicht an das Ufer reicht und in denen Aufweitungen der Gewässerprofile kaum möglich sind, werden andere Lösungen erforderlich. Eigens angelegte Hochwasserrückhaltebecken im Flussverlauf oberhalb der städtischen Engpässe sorgen dafür, dass im Hochwasserfall die Hochwasserspitzen schon lange, bevor sie die Städte erreichen, abgepuffert werden
Hochwasserrückhaltebecken tragen nicht nur zum Hochwasserschutz bei, sondern schaffen auch Voraussetzungen dafür, dass sich hier sehr spezielle Naturräume entwickeln können. Weitgehend ungestört vom Menschen können sich auf diesen Retentionsflächen naturnahe Auenräume mit einem kleinräumigen Wechsel von Feuchtbiotopen, Hochstaudenfluren und Auwaldbeständen wiedereinstellen.
Regelmäßige folgenschwere Überschwemmungen zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts führten dazu, Flüsse und Bäche der Emscher-Lippe-Region mit Deichen einzudämmen. Niederschläge und Schmutzwasser sollten in den ausgebauten offenen Abwasserläufen schnell und sicher abtransportiert werden. Pumpwerke verhindern, dass das Wasser sich in den benachbarten Senken sammelt und staut. Ohne eine Vielzahl von Pumpen und Deichen entlang von Emscher und Lippe stünde auch heute noch ein Großteil der Städte immer wieder unter Wasser.
Für die Belastbarkeit der Deiche gelten hohe Sicherheitsstandards: Sie müssen einem statistisch nur alle 200 Jahre wiederkehrenden Hochwasser standhalten können. Wegen des typischen V-Profils können unsere ausgebauten Wasserläufe bei Hochwasser viel Wasser aufnehmen. Um so wichtiger ist die Standfestigkeit der Deiche. Hier hat sich besonders der Einsatz von Waschberg-Kernen, einem Nebenprodukt des Bergbaus, bewährt. Das Material ist zugleich kostengünstig und für den Deichbau besonders gut geeignet.
Die Anfänge reichen bis zum Jahr 1914 zurück, als die Emschergenossenschaft das erste Pumpwerk an der Alten Emscher in Duisburg in Betrieb nahm. Seither haben sich Bauausführung, Größe und Anordnung der Maschinen, Transformatoren und Schaltanlagen konsequent weiterentwickelt. Denn eines war von Beginn an klar: Pumpwerke dürfen nicht ausfallen, unbedingte Betriebssicherheit hat höchste Priorität. Die Anlagen sollten und sollen auch bei stärksten Niederschlägen in der Lage sein, den auftretenden Abfluss anzuheben. Würden sie abgeschaltet, stünden weite Teile unserer Region unter Wasser.
Bis heute werden mit 131 Entwässerungs- und 12 Abwasserpumpwerken rund 38 Prozent der Fläche der Emscher-Region entwässert. Die 126 Entwässerungs- und 121 Abwasserpumpwerke des Lippeverbandes legen rund 16 Prozent des Einzugsgebietes trocken.
Die Jahr für Jahr aus den Senkungsgebieten in der Emscher- und Lippe-Region gepumpte Wassermenge beträgt insgesamt ca. 600 Millionen Kubikmeter. Damit könnte der Essener Baldeneysee 70 Mal gefüllt werden. Mit der jährlich allein in der Emscher-Region geförderten Wassermenge ließe sich der Gasometer in Oberhausen an die 1.000 Mal auffüllen.
Das leistungsstärkste Pumpwerk des Lippeverbandes steht am Sickingmühlenbach in Marl. Es entwässert ein rund 8.000 Hektar großes Gebiet und kann bei Starkregen bis zu 20.000 Liter pro Sekunde bewältigen.
Der Gedanke und Begriff des „Hochwasserrisikomanagements“ wurde durch die Europäische Union geprägt und in Form der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie verbindlich eingeführt. Für die nach der vorläufigen Bewertung als Risikogebiete eingestuften Gewässerabschnitte werden Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten erstellt.
Auch die Lippe kann von Hochwasserereignissen betroffen sein. In Nordrhein-Westfalen werden seit dem Jahr 2000 Hochwasser-Aktionspläne für die einzelnen Flussgebiete erarbeitet. Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen hat das Staatliche Umweltamt Lippstadt beauftragt, diesen für die Lippe zu erstellen und das in enger Kooperation mit uns, dem Lippeverband, für die mittlere und untere Lippe und dem Wasserverband Obere Lippe.
Mit der „Roadmap Krisenhochwasser“ wird der Rahmen für die Verbesserung des Hochwasserschutzes in den Verbandsgebieten dargestellt. Für eine effiziente Umsetzung wurde ein Maßnahmenprogramm in fünf Aktionsfeldern entwickelt. Zur Stärkung der Resilienz im Klimawandel decken diese alle notwendigen Handlungsfelder ab. Die Roadmap umfasst einen Zeitraum von 15 Jahren und sieht Investitionen von 250 Millionen Euro vor.
In den dicht besiedelten Wohn- und Gewerbegebieten der Region hat das Regenwasser kaum eine Chance, natürlich zu versickern. Der Boden ist so bebaut, dass er größere Niederschlagsmengen nicht mehr aufnehmen kann. Meist wird das Regenwasser in die Kanalisation geleitet und anschließend gemeinsam mit dem Schmutzwasser zur Kläranlage transportiert. Diese Vorgehensweise hat eine ganze Reihe von kostspieligen Nachteilen. So müssen beispielsweise Abwasserkanäle deutlich größer ausgelegt werden, damit die Abflüsse auch bei Starkregen sicher bewältigt werden, vergleichsweise sauberes Regenwasser muss durch die Mischung mit Abwasser aufwändig geklärt werden. Darüber hinaus fehlt das entsorgte Regenwasser bei der Neubildung von Grundwasser und der Versorgung von Gewässern mit Oberflächenwasser.
Der andere Weg: dort, wo es nicht möglich ist, versiegelte Flächen wieder zu entsiegeln, wird Wasser von versiegelten Flächen gesammelt und nicht der Kanalisation zugeführt, sondern vor Ort in den Boden abgeleitet. Der Niederschlag kann dort natürlich versickern. Das kostbare Regenwasser von der Abwasserableitung abzukoppeln und schon an Ort und Stelle anderen Wegen (Versickern, Nutzen oder gedrosselt in Gewässer einleiten) zuzuführen, bringt dreifachen Nutzen.
Versickert das Regenwasser vor Ort, unterstützt dies die Neubildung von Grundwasser. Wird es dem nächsten Oberflächengewässer zugeleitet, trägt es zu einer insgesamt ausgeglichenen Wasserführung bei. Beides stärkt den natürlichen Wasserhaushalt mit seinen vielfältigen ökologischen Funktionen.
Der Klimawandel stellt die gesamte Welt und auch die Städte in NRW vor eine besondere Herausforderung. Die Zunahme von Starkregen, Trockenphasen, tropischen Nächten und sich immer weiter aufheizende Städte beeinträchtigen immer stärker die Lebensqualität der Menschen – besonders auch in dichtbesiedelten Ballungszentren wie dem Ruhrgebiet. Denn hier liegen die Temperaturen längst bis zu zehn Grad Celsius höher als im unbebauten Umland. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, die Folgen des Klimawandels abzumildern und das Leben nachhaltig attraktiver zu gestalten, haben sich die 16 Städte der Emscher-Region mit der Emschergenossenschaft in der Zukunftsinitiative Klima.Werk zusammengeschlossen. Gemeinsam haben sie eine blau-grüne Vision für unsere Städte.
Die Anwendung eines dimensionslosen Index ist seit Langem bei bestehenden Bewertungssystemen zur Einordnung von Naturgefahrenereignissen bekannt, so zum Beispiel die Stärke des Windes mit Graden von 1 (Windstille) bis 12 (Orkan) oder Erdbeben mit kleiner 2 (nicht spürbar) bis 10 (extrem große Zerstörung). Alle Indizes haben gemeinsam, die Heftigkeit des Naturereignisses anhand einer einfachen Skala der Öffentlichkeit zu vermitteln: Je größer der Index ist, desto extremer ist das beobachtete Naturphänomen.
Emschergenossenschaft und Lippeverband haben in diesem Zusammenhang einen solchen einheitslosen Zahlenmaßstab für die Einordnung von Starkregenereignissen eingeführt. Standen aus hydrologischer Sicht zur Klassifizierung des Starkregenindex zunächst nur seltene Jährlichkeiten (≥ 100 a) im Vordergrund, wurde das Bewertungsverfahren nun auch auf die klassischen Anforderungen der Stadtentwässerung und Siedlungswasserwirtschaft weiterentwickelt.
Damit ist es möglich, den Starkregenindex in gleicher Weise für häufige (1 bis 5 a) bis mittlere Jährlichkeiten (> 5 a bis < 100 a) ergänzend einzuordnen. Die neue Starkregenindex-Skala von 1 bis 12 wird anhand der jeweiligen Bewertungskategorie des Starkregens und des möglichen Schadensausmaßes infolge von Überflutungen in der Abbildung beispielhaft dargestellt.
Hiernach wird ein „Starkregen“ mit einem Index im grünen bis hellgrünen Wertebereich zwischen 1 und 2, ein „intensiver Starkregen“ im gelbgrünen bis orangen Wertebereich zwischen 3 und 5, ein „außergewöhnlicher Starkregen“ im hellroten Wertebereich zwischen 6 und 7 und ein „extremer Starkregen“ jenseits eines 100-jährlichen Ereignisses im roten bis violetten Wertebereich zwischen 8 und 12 eingeordnet. Dabei besteht ein indirekter Bezug zur Jährlichkeit. Häufige und mittlere Jährlichkeiten decken die Starkregenindizes zwischen 1 und 7 ab, seltene Jährlichkeiten oberhalb 100-jährlich werden einem Index zwischen 8 und 12 zugeordnet.
Mit der Starkregenindex-Bewertungsskala als Kommunikationsmittel verfolgen wir das Ziel, das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger für die Risiken aus Starkregen und Sturzfluten in der Region zu schärfen und damit zu möglichen Maßnahmen der Eigenvorsorge zu motivieren.
Wasser macht nicht an Stadtgrenzen Halt – dies gilt nicht nur für Bäche und Flüsse, sondern auch für das Grundwasser. Es ist daher sinnvoll, die mengenmäßige und qualitative Bewirtschaftung des Grundwassers zentral zu organisieren. Die Maßstäbe hierfür sind in der europäischen Wasserrahmenrichtlinie festgelegt. Entsprechen Menge und chemische Qualität nicht den Anforderungen, muss die Bewirtschaftung nach integrierten Konzepten erfolgen. Dabei müssen alle Faktoren berücksichtigt werden, die Menge oder Qualität des Grundwassers beeinflussen – wie beispielsweise Gewässerumbau, Bergbau, Kanalsanierungen oder Regenwasserversickerung. Für die Einzugsbereiche von Emscher und Lippe übernehmen wir diese Aufgabe.
Eine professionelle Grundwasserbewirtschaftung erfordert verlässliche Datengrundlagen, die wir durch regelmäßige Grundwasserstandsmessungen schaffen. Neben eigenen Grundwassermessstellen werden dabei auch Messstellen der Städte, des Landes und des Bergbaus ausgewertet. Zur Erfassung des Grundwasserstandes können wir aktuell auf rund 7.400 Grundwassermessstellen zurückgreifen. Auf Basis der Messwerte können wir mit Hilfe numerischer Grundwasserströmungsmodelle unterschiedliche grundwasserhydraulische Fragestellungen untersuchen. Die erstellten Prognosen erhöhen die Planungs- und Investitionssicherheit bei unseren Maßnahmen zum Umbau der Gewässer, zum Kanalbau und zur Kanalsanierung.
Datenanfragen rund um das Thema „Grundwasser“ richten Sie bitte an: grundwasser@eglv.de.