Dinslakens größte Eier stehen bei der Emschergenossenschaft

Ostereier oder Parfümflakons? Nein, es sind nur Faulbehälter!

Dinslaken. Ostern steht vor der Tür und damit ist es wieder soweit: Die jährliche Suche nach schönen, bunten Ostereiern geht los. Nach den wohl größten Ostereiern in Dinslaken muss man allerdings gar nicht lange suchen: Weithin sichtbar ragen die drei über 40 Meter hohen eiförmigen Faultürme der Kläranlage Emschermündung an der Turmstraße in die Höhe.

Die drei Dinslakener „Eier“ haben zusammen ein Fassungsvermögen von 51.000 Kubikmeter – das sind 17.000 Kubikmeter pro Faulbehälter! Mittig zwischen diesen Behältern liegt das Maschinenhaus mit Treppenturm. Die Faulbehälter erreichen eine Bauwerkhöhe von zirka 42 Meter über Gelände und haben einen maximalen Durchmesser von knapp 30 Meter. Wenn sie in der Dunkelheit blau leuchten, erinnern die Faulbehälter ein bisschen an eine Raumschiffstation. Zu Ostern verwandelt sie sich wiederum in überdimensionale Ostereier. Und ist man mit seiner Nase nicht gerade auf einer Kläranlage, sondern ganz weit weg, könnte man glatt an ziemlich große Parfümflakons denken. Nun, Parfüm ist in diesen Behältern jedoch keineswegs zu finden, auch wenn dies das olfaktorische Erlebnis bestimmt wesentlich angenehmer gestalten könnte.

Doch warum sehen Faultürme überhaupt wie überdimensionierte Eier aus? Hauptsächlich wirtschaftliche Beweggründe führten zu der praktischen ovalen Form. Denn in Faultürmen wird der bei der Abwasserklärung gewonnene Klärschlamm erhitzt und umgewälzt, um den Faulprozess zu beschleunigen. Riesige Schraubenschaufler dienen dazu, eine Strömung von oben nach unten zu erzeugen.

Das gleiche Prinzip wie bei einer Kuchenschüssel
Und hier erwies sich die Ei-Form als günstig, da nur ein einziger Schaufler benötigt wird (in einem Faulbehälter mit flachem Grund oft mehrere). In der typischen Ei-Form konnte diese Umwälzung eine gleichmäßige Temperaturverteilung erzeugen und Ablagerungen des Schlammes vermieden werden. Ähnlich funktioniert dies übrigens im Alltag beim Umrühren eines Kuchenteigs in einer Schüssel – diese ist ja auch nicht eckig…

Die Ei-Form ist zudem unempfindlich gegen Rissbildung bei Bergsenkungen, wie sie in der Region früher häufiger vorkamen. So konnte man zum Teil sehr große und hohe Faultürme bauen, ohne sie tief in die Erde einlassen zu müssen. Neben der bereits genannten Einsparung von Maschinen wie dem Schaufler führte auch dies zu weiteren Kosteneinsparungen.

Nicht zu vergessen ist natürlich die Frage der Optik. In den 1950er-Jahren hatte man die technischen Möglichkeiten, Schalungen für solche Formen zu planen und erfolgreich einzusetzen und so kam die Ei-Form in Mode. Heute geht es bei der Formwahl beim Bau eines neuen Faulturms auch um die Abmilderung des doch recht massiven Eingriffs ins Landschaftsbild.

Hintergrund:
Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte der Ingenieur Dr. Karl Imhoff für die Emschergenossenschaft – dem bereits 1899 gegründeten Schwesterunternehmen des 1926 entstandenen Lippeverbandes – den so genannten „Emscherbrunnen“: ein lang gestrecktes Becken, durch welches das Schmutzwasser langsam floss und sich Schwebstoffe und Schlämme absetzen konnten und in einen unterhalb liegenden Schlammbrunnen gelangten. Er experimentierte sowohl mit einer zylindrischen Form mit flachem Boden als auch mit einer Ei-Form und befand beide für gut. Zunächst entschied man sich für die einfacher zu bauende zylindrische Form mit flachem Boden, bevor in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts die Ei-Form dazukam.

Die Emschergenossenschaft
Am 14. Dezember 1899 als erster deutscher Wasserwirtschaftsverband gegründet, ist die Emschergenossenschaft heute gemeinsam mit dem 1926 gegründeten Lippeverband Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Unternehmens sind die Abwasserentsorgung, der Hochwasserschutz sowie die Klimafolgenanpassung. Ihr bekanntestes Projekt ist der Emscher-Umbau (1992-2021), bei dem die Emschergenossenschaft im Herzen des Ruhrgebietes eine moderne Abwasserinfrastruktur baute. Dafür wurden 436 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen verlegt und vier Großkläranlagen gebaut. Rund 340 Kilometer an Gewässern werden insgesamt renaturiert. Parallel entstanden über 130 Kilometer an Rad- und Fußwegen, die das neue blaugrüne Leben an der Emscher und ihren Nebenläufen erleb- und erfahrbar machen. www.eglv.de