Dülmens größtes Ei steht beim Lippeverband
Ostereier oder Parfümflakon? Nein, es ist nur ein Faulbehälter!

Dülmen. Ostern steht vor der Tür und damit ist es wieder soweit: Die jährliche Suche nach schönen, bunten Ostereiern geht los. Nach dem wohl größten Osterei in Dülmen muss man allerdings gar nicht lange suchen: Weithin sichtbar ragt der 28 Meter große eiförmige Faulturm der Kläranlage Dülmen in die Höhe.
Der Faulbehälter hat ein Fassungsvermögen von 3400 Kubikmeter und ist 25 Meter hoch. Wenn es in der Dunkelheit grün leuchtet, erinnert der Faulbehälter ein bisschen an eine Raumschiffstation. Zu Ostern verwandelt es sich wiederum in ein überdimensionales Osterei. Und ist man mit seiner Nase nicht gerade auf einer Kläranlage, sondern ganz weit weg, könnte man glatt an einen ziemlich großen Parfümflakon denken. Nun, Parfüm ist in dem Behälter jedoch keineswegs zu finden, auch wenn dies das olfaktorische Erlebnis bestimmt wesentlich angenehmer gestalten könnte.
Doch warum sehen Faultürme überhaupt wie überdimensionierte Eier aus? Hauptsächlich wirtschaftliche Beweggründe führten zu der praktischen ovalen Form. Denn in Faultürmen wird der bei der Abwasserklärung gewonnene Klärschlamm erhitzt und umgewälzt, um den Faulprozess zu beschleunigen. Riesige Schraubenschaufler dienen dazu, eine Strömung von oben nach unten zu erzeugen.
Das gleiche Prinzip wie bei einer Kuchenschüssel
Und hier erwies sich die Ei-Form als günstig, da nur ein einziger Schaufler benötigt wird (in einem Faulbehälter mit flachem Grund oft mehrere). In der typischen Ei-Form konnte diese Umwälzung eine gleichmäßige Temperaturverteilung erzeugen und Ablagerungen des Schlammes vermieden werden. Ähnlich funktioniert dies übrigens im Alltag beim Umrühren eines Kuchenteigs in einer Schüssel – diese ist ja auch nicht eckig…
Die Ei-Form ist zudem unempfindlich gegen Rissbildung bei Bergsenkungen, wie sie in der Region früher häufiger vorkamen. So konnte man zum Teil sehr große und hohe Faultürme bauen, ohne sie tief in die Erde einlassen zu müssen. Neben der bereits genannten Einsparung von Maschinen wie dem Schaufler führte auch dies zu weiteren Kosteneinsparungen.
Nicht zu vergessen ist natürlich die Frage der Optik. In den 1950er-Jahren hatte man die technischen Möglichkeiten, Schalungen für solche Formen zu planen und erfolgreich einzusetzen und so kam die Ei-Form in Mode. Heute geht es bei der Formwahl beim Bau eines neuen Faulturms auch um die Abmilderung des doch recht massiven Eingriffs ins Landschaftsbild.
Hintergrund:
Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte der Ingenieur Dr. Karl Imhoff für die Emschergenossenschaft – dem bereits 1899 gegründeten Schwesterunternehmen des 1926 entstandenen Lippeverbandes – den so genannten „Emscherbrunnen“: ein lang gestrecktes Becken, durch welches das Schmutzwasser langsam floss und sich Schwebstoffe und Schlämme absetzen konnten und in einen unterhalb liegenden Schlammbrunnen gelangten. Er experimentierte sowohl mit einer zylindrischen Form mit flachem Boden als auch mit einer Ei-Form und befand beide für gut. Zunächst entschied man sich für die einfacher zu bauende zylindrische Form mit flachem Boden, bevor in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts die Ei-Form dazukam.
Der Lippeverband
Der Lippeverband ist ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen, das als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip lebt. Seine Aufgaben sind in erster Linie die Abwasserentsorgung und -reinigung, Hochwasserschutz durch Deiche und Pumpwerke und die Gewässerunterhaltung und -entwicklung. Dazu gehört auch die ökologische Verbesserung technisch ausgebauter Nebenläufe. Darüber hinaus kümmert sich der Lippeverband in enger Abstimmung mit dem Land NRW um die Renaturierung der Lippe. Dem Lippeverband gehören zurzeit 155 Kommunen und Unternehmen als Mitglieder an, die mit ihren Beiträgen die Verbandsaufgaben finanzieren. www.eglv.de