Ein Zuhause für die schillernden Fischer
Lippeverband stellt Eisvogel-Nisthilfen in Gelsenkirchen auf
Gelsenkirchen. Sein blau-oranges Gefieder macht ihn unverwechselbar, seine Leibspeise sind kleine Süßwasserfische und er fühlt sich an gesunden Gewässern besonders wohl: Die Rede ist natürlich vom Eisvogel. Immer wieder werden die bunt schillernden Vögel auch im Lippe-Gebiet gesichtet – dabei finden sie nicht überall geeignete Brutplätze. Im Rahmen seiner Biodiversitätsinitiative hat der Lippeverband jetzt in Gelsenkirchen zwei „Eisvogelwände“ am Wasser aufgestellt.
Eisvögel benötigen zum Nisten und Brüten steile Uferabbrüche. „Als Brutröhre bauen sie eine bis zu einem Meter lange Höhle ins Erdreich“, erklärt Gunnar Jacobs, Artenschutz-Experte beim Lippeverband. Geeignete Uferkanten sind aber gar nicht so leicht zu finden. Eine Alternative: speziell angefertigte Eisvogel-Nisthilfen.
Zwei dieser perfekt an die Bedürfnisse der Höhlenbrüter angepassten „Eisvogelwände“ hat der Lippeverband nun an geeigneten Gewässerabschnitten am Erdbach und am Picksmühlenbach in Gelsenkirchen aufgestellt. Die künstlichen Bruthöhlen bieten der bedrohten Vogelart vorübergehend geeignete Nistplätze. Im Laufe der Zeit entwickeln sich durch die Renaturierungen wieder natürliche Steilufer am Gewässer und die schillernden Fischer sind nicht mehr auf die Spezial-Unterkünfte angewiesen.
Für den Wasserwirtschaftsverband sind die Eisvögel an der Lippe und ihren Nebenläufen gern gesehene Gäste: Sie bevorzugen fischreiche, ruhig fließende, klare Flüsse und Bäche und sind somit ein wichtiger Indikator für den guten Zustand von Gewässern. Daher ist jeder Eisvogel, der im Lippe-Gebiet brütet und jagt, auch eine Bestätigung für die erfolgreichen Renaturierungsarbeiten des Lippeverbandes, der so in der Vergangenheit schon neuen Lebensraum für zahlreiche Arten geschaffen hat.
Infobox Eisvogel
Eisvögel schillern unverwechselbar – ihr Gefieder wirkt orange, kobaltblau und türkis. Der kleine Vogel ist etwas größer als ein Spatz. Es gibt circa 90 Eisvogelarten; häufig heimisch in den Tropen. Dank seiner Gefiederfarbe verschmilzt der Wasservogel perfekt mit seiner Umgebung – egal ob beim Jagen von Fischen oder sitzend auf einem Baum. Er eignet sich hervorragend als Indikator für gesunde Gewässer, denn mit seinem langen Schnabel jagt er hauptsächlich kleine Süßwasserfische: Pfeilartig durchstößt er dabei die Wasseroberfläche. Der Eisvogel ist ein Höhlenbrüter. Seine Niströhre findet man an Steilufern von Gewässern. Im Frühjahr legt das Weibchen bis zu sieben Eier, zwei Bruten pro Jahr sind nicht unüblich. Der Gesamtbestand der Eisvögel in Europa wird auf etwa 120.000 Brutpaare geschätzt – 4.500 bis 7.000 brüten davon in Deutschland. Der Eisvogel steht in Deutschland auf der sogenannten Vorwarnliste der bedrohten Arten. Besonders der technische Ausbau von Fließgewässern und Gewässerverschmutzung, die sich negativ auf das Nahrungsangebot auswirken, setzten dem Eisvogel zu. Gewässerbegradigungen mit Steinbefestigungen haben ihm seinen Lebensraum genommen. Der Eisvogel war 1973 und 2009 Vogel des Jahres.
Hintergrund: die Biodiversitätsinitiative
Der drastische, weltweite Rückgang der Artenvielfalt ist besorgniserregend. Der negativen Entwicklung wollen die sondergesetzlichen Wasserwirtschaftsverbände Emschergenossenschaft und Lippeverband entgegenwirken und die Biodiversität an Gewässern und auf verbandseigenen Anlagen weiter stärken. Der ökologische Gewässerumbau in den Gebieten von Emscher und Lippe, die nachhaltige Nutzung vieler wasserwirtschaftlicher Anlagen und das gezielte Wiederansiedeln von verschiedenen, selten gewordenen Fischarten sind nur einige Beispiele für bereits laufende Maßnahmen.
Biodiversität ist ein Kernbestandteil des Programms „Lebendige Gewässer“, das im Emscher- und Lippe-Gebiet an Gewässern wie Auen sehr erfolgreich umgesetzt wird. Der Gewässerumbau wird dazu seit vielen Jahren durch ein intensives Monitoring begleitet, das z. B. die Entwicklung der gewässertypischen Fauna und Flora, darunter auch seltene oder gefährdete Arten, beobachtet. Insgesamt hat sich beispielsweise im Zuge der ökologischen Verbesserung der Emscher seit rund 30 Jahren die Artenzahl gewässerlebender wirbelloser Tiere im Emscher-Gebiet etwa verdreifacht. Durch das Programm „Lebendige Lippe“ schaffen EGLV neue Habitate für eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt. Dadurch ist an der Lippe die Biodiversität erheblich gestiegen – ein herausragendes Projekt ist die renaturierte Lippe-Mündung in Wesel mit mehr als 600 nachgewiesenen Tier- und 425 Pflanzenarten. Die Artenvielfalt wird außerdem indirekt auch durch die Verbesserung der Wasserqualität, d. h. die Ertüchtigung der Reinigungsleistung der Klär- und Regenwasserbehandlungsanlagen, gefördert.
Anlagen in Gelsenkirchen
Emschergenossenschaft und Lippeverband betreiben in Gelsenkirchen 2 Kläranlagen, 2 Abwasservorbehandlungsanlagen, 29 Pumpwerke, 17 Sonderbauwerke wie Hochwasser- oder Regenrückhaltebecken und rund 43,3 Kilometer Kanäle (22,4 davon Emscher). Außerdem unterhält der Verband in Gelsenkirchen rund 48,1 Kilometer Wasserläufe, wovon rund 8,3 zur Emscher zählen.
Der Lippeverband
Der Lippeverband ist ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen, das effizient Aufgaben für das Gemeinwohl mit modernen Managementmethoden nachhaltig erbringt und als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip lebt.
Seine Aufgaben sind in erster Linie die Abwasserentsorgung und -reinigung, Hochwasserschutz durch Deiche und Pumpwerke und die Gewässerunterhaltung und -entwicklung. Dazu gehört auch die ökologische Verbesserung technisch ausgebauter Nebenläufe. Darüber hinaus kümmert sich der Lippeverband in enger Abstimmung mit dem Land NRW um die Renaturierung der Lippe. Dem Lippeverband gehören zurzeit 155 Kommunen und Unternehmen als Mitglieder an, die mit ihren Beiträgen die Verbandsaufgaben finanzieren. www.eglv.de