Hochwasserschutz: Neues Becken in Ellinghausen wirkt im Verbund mit den Emscher-Auen
Anlagen auf Dortmunder Stadtgebiet schützen alle unterhalb liegenden Emscher-Städte bis Dinslaken vor Überflutungen
Dortmund. Die Emschergenossenschaft hat den Bau des Hochwasserrückhaltebeckens Dortmund-Ellinghausen weitestgehend – bis auf wenige Restarbeiten – fertiggestellt. Für die neue Anlage auf einer Fläche von rund 27 Hektar – das entspricht in etwa der Größe von 38 Fußballfeldern – wurden zirka vier Meter tiefe Abgrabungen des Geländes vorgenommen. Die fertigen Becken bieten nun ein Fassungsvolumen von 530.000 Kubikmeter und wirken im Verbund mit den „Emscher-Auen“ in Dortmund-Mengede/Castrop-Rauxel. Die beiden Anlagen bilden ein gemeinsames System, das im Hochwasserfall ein Rückhaltevolumen von mehr als 1,6 Millionen Kubikmeter zur Verfügung stellt und somit wesentlich zur Hochwassersicherheit für die am Hauptlauf der Emscher liegenden Städte von Dortmund/Castrop-Rauxel bis Dinslaken/Voerde beiträgt. In die Maßnahme in Ellinghausen hat die Emschergenossenschaft rund 40 Millionen Euro investiert.
Dortmund nimmt eine besondere Rolle im Emscher-System ein: Aufgrund der geografischen Lage am Oberlauf bis Deusen) sowie am frühen Hauptlauf ab Ellinghausen besteht hier die Möglichkeit, Hochwasserschutz für alle in Fließrichtung unterhalb liegenden Emscher-Anrainerstädte zu betreiben. Das Prinzip ist einfach: Was nahe des Quellgebietes z.B. im Starkregenfall zurückgehalten werden kann, kann in den anderen Städten keinen Schaden anrichten – es kommt erst gar nicht zu einer Überflutung der Emscher. So sind im Zuge des Emscher-Umbaus zahlreiche Hochwasserrückhaltebecken in Dortmund entstanden: in Aplerbeck an der Vieselerhofstraße, in Schüren am Nagelpötchen, in Hörde bildet der Phoenix See das Hochwasserrückhaltebecken. Auch an den Nebenläufen der Emscher, wie am Oespeler Bach oder am Schmechtingsbach, sind Hochwasserrückhaltebecken entstanden.
Nicht zu vergessen ist das größte Becken der Emschergenossenschaft, die Emscher-Auen in Mengede – sie bieten mit 1,1 Millionen Kubikmetern ein Fassungsvolumen, das dem Inhalt von zirka sieben Millionen Badewannen entspricht. Im Verbund mit den Emscher-Auen wirkt auch das nun fertiggestellte Becken in Ellinghausen. „Es gehört mit einem Fassungsvolumen von 530.000 Kubikmetern zu einem hydraulischen Verbundsystem, das vom vier Kilometer unterhalb liegenden Absperrbauwerk in den Emscher-Auen in Ickern und Mengede gesteuert wird. Eine aus der Dortmunder Innenstadt ankommende Flutwelle in der Emscher läuft zunächst in Ellinghausen aus, bei weiter anhaltendem Wasserzustrom entsteht eine rücklaufende Retention von Mengede bis nach Ellinghausen – gesteuert eben über die Talsperre in Mengede“, erklärt Dr. Frank Obenaus, Technischer Vorstand der Emschergenossenschaft.
Neues blaugrünes Leben in und an der Emscher
„Der Hochwasserschutz steht bei dem Bau des Hochwasserrückhaltebeckens Dortmund-Ellinghausen im Vordergrund – darüber hinaus ist ein weiteres wesentliches Ziel der Baumaßnahme gewesen, günstige Standortbedingungen für die Entwicklung vielfältiger, auentypischer Lebensräume zu schaffen.
Zur Erreichung dieses langfristig angestrebten Zustandes einer strukturreichen Landschaft ist für die Beckensohle eine Geländeprofilierung vorgenommen worden, in der sich verschiedenartige Biotopkomplexe einstellen können und die Ausbildung unterschiedlicher Vegetationstypen unterstützt wird. Damit ist hier in Ellinghausen ein Freiraum entstanden, der Platz für neues blaugrünes Leben an und in der Emscher bietet“, erläutert Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft, den Mehrwert der Maßnahme für Flora und Fauna.
Der Emscher-Umbau, so Paetzel, bildet damit nicht nur eine rein wasserwirtschaftliche Maßnahme, die den Hochwasserschutz maßgeblich verbessert, sondern er setzt Impulse für eine städtebauliche Entwicklung, die die Lebens- und Aufenthaltsqualität entlang der Emscher-Gewässer deutlich aufwertet. Die neuen blaugrünen Infrastrukturen, die abwasserfreien und renaturierten Gewässer, werden erleb- und erfahrbar – und das im wahrsten Sinne des Wortes: Der rechtsseitige Beckenbereich bleibt zur Schonung der sich einstellenden Tierwelt ein gesperrter Betriebsweg, während der linksseitige Beckenbereich künftig (nach Beendigung der Restarbeiten bis zirka August) durch einen Rad- und Fußweg öffentlich nutzbar ist. Ein großer Gewinn ist die nun kreuzungsfreie Unterführung der Landesstraße, die auf Alltags- und Freizeitwegen eine gefahrlose Querung ermöglicht. Somit bietet die Baumaßnahme nicht nur Flora und Fauna einen deutlichen Mehrwert – sondern auch dem Menschen!
Hintergrund-Info zum Hochwasserrückhaltebecken DO-Ellinghausen:
Das Hochwasserrückhaltebecken in Ellinghausen ist, bedingt durch den Verlauf der Ellinghauser Straße und der Emscher, in insgesamt drei Beckenabschnitte gegliedert. Begonnen hatten die Bauarbeiten 2013 zunächst mit der Erstellung des südöstlichen Beckens, das rechtsseitig der Emscher liegt. In diesem 13 Hektar großen Abschnitt wurden seinerzeit zirka 350.000 Kubikmeter Boden ausgehoben. Zum Vergleich: Das Hochwasserrückhaltebecken Nagelpötchen in Dortmund-Schüren fasst „nur“ zirka 102.000 Kubikmeter. 2018 begann die Herstellung des südwestlichen und des nördlichen Teils (liegen beide linksseitig der Emscher) und somit die endgültige Modellierung des Hochwasserrückhaltebeckens. Für den Bau der Anlage auf einer Fläche von rund 27 Hektar – das entspricht in etwa der Größe von 38 Fußballfeldern – wurden im Mittel zirka vier Meter tiefe Abgrabungen des Geländes vorgenommen. Dabei fiel Bodenaushub in einem Volumen von rund einer Million Kubikmeter an, der zum größten Teil per LKW abtransportiert wurde.
125 Jahre Emschergenossenschaft
Die Emschergenossenschaft feiert in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen. Am 14. Dezember 1899 als erster deutscher Wasserwirtschaftsverband gegründet, ist die Emschergenossenschaft heute gemeinsam mit dem 1926 gegründeten Lippeverband Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Unternehmens sind die Abwasserentsorgung, der Hochwasserschutz sowie die Klimafolgenanpassung. Ihr bekanntestes Projekt ist der Emscher-Umbau (1992-2021), bei dem die Emschergenossenschaft im Herzen des Ruhrgebietes eine moderne Abwasserinfrastruktur baute. Dafür wurden 436 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen verlegt und vier Großkläranlagen gebaut. Rund 340 Kilometer an Gewässern werden insgesamt renaturiert. Parallel entstanden über 130 Kilometer an Rad- und Fußwegen, die das neue blaugrüne Leben an der Emscher und ihren Nebenläufen erleb- und erfahrbar machen. www.eglv.de