Kläranlage als Herzstück einer grünen (erneuerbaren) Kraftstoff-Produktion
Pilotprojekt erprobt in Bottrop erstmalig die Herstellung von strombasierten E-Fuels. Das Bundesverkehrsministerium fördert das Vorhaben mit rund zwölf Millionen Euro
Bottrop. Kläranlagen sind nicht nur Orte, an denen viel Energie verbraucht – sondern mittlerweile auch viel regenerative Energie erzeugt wird. Die Kläranlage Bottrop der Emschergenossenschaft ist bereits Deutschlands erste vollständig energieautarke Großkläranlage und nun auch Schauplatz eines ganz besonderen Pilotprojektes: In dem Vorhaben „E-BO(2)t“ soll erstmalig die Herstellung von strombasierten E-Fuels in einem bisher einzigartigen Maßstab umgesetzt werden. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr fördert das Projekt mit 12,45 Millionen Euro, bei dem die Sektoren Wasser, Energie und Verkehr vorteilhaft gekoppelt werden.
„Um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, müssen wir mehr darüber herausfinden, wie die Sektorenkopplung von Wasser, Energie und Verkehr gewinnbringend für die Produktion von erneuerbaren E-Fuels genutzt werden kann. Genau darauf zielt das Pilotprojekt E-BO(2)t hier in Bottrop ab und ich freue mich deshalb ganz besonders, dass das BMDV dieses zukunftsweisende Projekt mit über 12 Millionen Euro unterstützt“, sagt Oliver Luksic, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr.
Zur Produktion grüner methanolbasierter Kraftstoffe aus Kohlendioxid und Wasserstoff zeichnen sich Kläranlagen durch gleich mehrere Standortvorteile aus: Kläranlagen bieten eine hervorragende Infrastruktur für den Bau von Elektrolyseuren – neben der Wasserstoffproduktion können sie den mitproduzierten Reinsauerstoff in der Abwasserreinigung für den Erhalt sauberer Gewässer nutzen. Einzigartig ist auch eine hochkonzentrierte und damit einfach abzuscheidende grüne Kohlendioxid-Quelle. Im Klärgas sind 30 bis 50 Prozent grünes CO2 enthalten – das auf der Kläranlage Bottrop im Zuge der Abwasserreinigung und der daraus resultierenden Klärschlammverwertung in den vier weithin sichtbaren Faulbehältern der Emschergenossenschaft gewonnen wird. Zudem verfügen Kläranlagen über einen dynamischen Strom- und Wärmehaushalt, der für dem Energiebedarf der E-Methanolanlage genutzt werden kann.
„Der Vorteil für uns als Kläranlagenbetreiber liegt unter anderem in der grünen Nutzung des bei der Klärgasverstromung anfallenden Kohlendioxids sowie in der Produktion von speicherbarem Methanol als Treibstoff für bisher nicht elektrifizierbare Nutzfahrzeuge und für Ersatzstromgeneratoren bei Notfällen, zum Beispiel für den Betrieb unserer Pumpwerke während eines Stromausfalls sowie als Betriebsmittel bei der Stickstoffelimination. Außerdem kann grünes Methanol als weltweit bedeutender Grundstoff die Abhängigkeit der Chemieindustrie von fossilen Rohstoffen verringern“, sagt Dr. Frank Obenaus, Technischer Vorstand der Emschergenossenschaft.
Im Rahmen des Pilotprojektes „E-BO(2)t“ werden erstmalig diese Synergiepotenziale untersucht und Betriebserfahrungen mittels einer innovativen „Power-to-Methanol“-Demonstrationsanlage auf der Kläranlage Bottrop gesammelt. Den Kern bildet der Bau der Demonstrationsanlage, welche aus den Teilkomponenten Kohlendioxid-Abscheidung, Elektrolyseur und Methanolsynthese besteht. „Das System aus Kläranlage und E-Methanolanlage wird wissenschaftlich begleitet und auf Skalierbarkeit sowie Vervielfältigung untersucht. Im Erfolgsfall kann das Projekt auf der Kläranlage der Emschergenossenschaft Schule machen und als Blaupause für zahlreiche andere Kläranlagen dienen“, sagt Dr. Frank-Andreas Weber, Geschäftsführer des Forschungsinstitutes für Wasserwirtschaft und Klimazukunft an der RWTH Aachen e.V. (FiW).
Für die ehrgeizige Sektorenkopplung Wasser-Energie-Verkehr arbeiten die Emschergenossenschaft, die Forschungsinstitute FiW und OWI Science for Fuels gGmbH sowie der Elektrolyseurhersteller Aspens GmbH in einem Projektkonsortium partnerschaftlich zusammen, um Forschungsergebnisse in die großtechnische Anwendung zu bringen.
Das Projekt „E-BO(2)t“ wird im Rahmen des Gesamtkonzepts Erneuerbare Kraftstoffe mit insgesamt 12,45 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert. Die Förderrichtlinie für die Entwicklung regenerativer Kraftstoffe wird von der NOW GmbH koordiniert und durch die Projektträger VDI/VDE Innovation + Technik GmbH sowie die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. umgesetzt.