Phosphor-Recycling aus Abwasser

Wichtiger Rohstoff kann aus Klärschlammasche zurückgewonnen werden. Demonstrationsanlage in Bottrop eingeweiht. An dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt sind mehrere Wasserwirtschaftsverbände beteiligt

Bottrop. Phosphor ist ein wichtiger Rohstoff, der jedoch endlich ist – die Verfügbarkeit der Vorkommen ist stark begrenzt. Gleichzeitig ist Abwasser eine nachhaltige Quelle, um daraus den essenziellen Nährstoff Phosphor zurückzugewinnen und als Material für beispielsweise Düngemittel wiederzuverwerten. Auf dem Gelände der Kläranlage der Emschergenossenschaft in Bottrop hat die PhosRec Phosphor-Recycling GmbH eine Demonstrationsanlage zur Phosphorrückgewinnung aus Klärschlammasche gebaut. Am Donnerstag (2.5.) wurde sie feierlich eingeweiht, bereits in Kürze startet die zweijährige Versuchsphase.

Aktuell wird die limitierte Ressource Phosphor in großem Maße „verschwendet“, denn nach Einsatz als Düngemittel geht sie durch die Nahrungsaufnahme ins Abwasser über. Durch die Entsorgung des Klärschlamms wiederum geht der Rohstoff bislang weitestgehend verloren. Die (Ab-)Wasserwirtschaft kann jedoch einen aktiven und positiven Beitrag leisten, um Teile des Bedarfs an abgebautem und künstlichem Düngemittel in der EU durch rückgewonnenen Phosphor zu decken. Somit kann nicht nur die ab 2029 in Deutschland beginnende Pflicht zur Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm erfüllt werden. Es wird auch ein Nährstoffkreislauf geschlossen und eine in der EU existierende Ressourcenquelle ausgeschöpft.

Planung, Bau und Betrieb der in Bottrop gebauten Anlage werden im Rahmen des Forschungsvorhabens AMPHORE vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 6,7 Millionen Euro gefördert. „Die Anlage, die wir heute in Betrieb nehmen, ist ein Paradebeispiel für den Aufbau einer ressourceneffizienten und kreislauffähigen Industrie im Sinne der Zukunftsstrategie der Bundesregierung. Mit den Mitteln aus unserer Fördermaßnahme RePhoR entsteht ein regionales Lösungskonzept zum Phosphor-Recycling für einen der größten Ballungsräume in Deutschland. Wir schaffen damit einen konkreten Mehrwert für Kommunen und die gesamte Region. Als zentraler Innovationstreiber innerhalb der Bundesregierung unterstützt das BMBF die kommunale Wasserwirtschaft, mit den Herausforderungen der Zukunft umzugehen. Dafür haben wir insgesamt 8,7 Mio. € in AMPHORE, als ein herausragendes Beispiel wie man von der Forschung über den Transfer in die Anwendung kommen kann, investiert“, sagt Judith Pirscher, Staatssekretärin im BMBF.

Kooperation ist der Schlüssel zum Erfolg
Die PhosRec Posphor-Recycling GmbH wurde zum Zweck der gemeinsamen Umsetzung der zukünftig vorgeschriebenen Phosphorrückgewinnung von den in Nordrhein-Westfalen ansässigen Wasserwirtschaftsverbänden Ruhrverband, Wupperverband, Linksniederrheinische Entwässerungsgenossenschaft (LINEG), Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) gegründet. Die Gesellschaft ist Bauherrin und Betreiberin der großtechnischen Demonstrationsanlage mit einer Kapazität von jährlich 1.000 Tonnen Asche aus der Klärschlammverbrennung. Kernaufgabe ist die Optimierung und Prüfung der Betriebsstabilität bei verschiedenen Betriebszuständen unter Einsatz unterschiedlichster Verbrennungsaschen. Auch die Qualitäten und Verwertungspfade für Nebenprodukte und Reststoffe (u. a. Metallsalze, Salzsole und silikatische Rückstände) werden neben der späteren Vermarktung der erzeugten Phosphorsäure gemeinsam mit Projektpartnern betrachtet.

Die Anlage ist nach der sogenannten PARFORCE-Technologie® durch die Parforce Technology Cooperation GmbH (PTC) geplant und gebaut worden, welche hier erstmalig in großtechnischem Maßstab realisiert wird. Dabei wird der Phosphor aus den Klärschlammaschen in Form von Phosphorsäure zurückgewonnen. In Bottrop wird die Asche mit Salzsäure aufgeschlossen, um den Phosphor aus der Aschematrix herauszulösen. Parallel werden weitere Stoffe wie Eisen, Aluminium und Calcium aus der Asche zurückgelöst. Diese werden nachfolgend durch eine Kombination von Ionenaustauschern und Elektrodialyse von der Rohphosphorsäure abgetrennt Im letzten Schritt der Vakuumverdampfung wird die Phosphorsäure auf marktgängige Konzentrationen gebracht.

Kapazität von 1.000 Tonnen Asche pro Jahr
Die Anlage in Bottrop ist auf eine Kapazität von 1.000 Tonnen Klärschlammasche pro Jahr ausgelegt. Sobald die Anlage in Betrieb genommen wird, beginnt die genehmigte Betriebslaufzeit von zwei Jahren. Geplant ist, dass die Anlage in nacheinander folgenden „Kampagnen“ betrieben wird: Diese dauern jeweils 14 Tage, pro Durchgang gehen rund 40 Tonnen Asche in die Anlage. Untersucht werden dabei die Aschen aus dem gesamten Projektgebiet, d.h. der Verbrennungsanlagen in Bottrop (Emschergenossenschaft), Buchenhofen (Wupperverband), Elverlingsen (WFA Elverlingsen GmbH – 50-prozentige Tochter des Ruhrverbands) und Lünen (Innovatherm – Tochtergesellschaft der BETREM GmbH, die wiederum eine 100-prozentige Tochter der Emschergenossenschaft ist). Im Rahmen der zweijährigen Versuchsphase sollen auch Mischungen dieser Aschen gefahren werden. Das Ziel ist, hier zunächst die Betriebsfähigkeit der Anlage mit den verfügbaren Aschen zu untersuchen und die dafür optimierten Betriebsparameter zu finden.

Die Produkte und Reststoffe, die während des Untersuchungsbetriebs generiert werden, stellt die PhosRec GmbH interessierten Stakeholdern aus dem Projektkonsortium kostenlos zur Verfügung, um potenzielle Nutzungsmöglichkeiten zu untersuchen. Auch für die weiteren Neben- und Reststoffen, u.a. ausgelaugte Asche, Metallsalzlösungen, Salzsole wird im Rahmen der Projektlaufzeit nach Verwertungs- und Entsorgungswegen geforscht. Wissenschaftlich begleitet wird die Betriebsphase vom Institut für Siedlungswasserwirtschaft an der RWTH Aachen (ISA).

Weitere Informationen zum Projekt gibt es unter https://www.ruhrverband.de/wissen/projekt-amphore

Weitere Informationen zum Betrieb der Demonstrationsanlage gibt es unter: https://phosrec.de.

Das Verbundprojekt AMPHORE wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb der Fördermaßnahme „Regionales Phosphor-Recycling“ (RePhoR) unterstützt. RePhoR ist Teil der BMBF-Strategie „Forschung für Nachhaltigkeit“ (FONA). AMPHORE ist über insgesamt fünf Jahre angelegt und wird vom BMBF mit 8,7 Millionen Euro gefördert. In die neue Demonstrationsanlage in Bottrop werden 6,7 Millionen Euro investiert.
 

Stimmen der Beteiligten: 

Oliver Krischer, Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes NRW:
„Phosphor ist ein lebensnotwendiger Rohstoff, der nur begrenzt verfügbar ist. Die Europäische Kommission hat ihn deshalb auch als kritischen Rohstoff eingestuft. Mit Hilfe der geplanten Demonstrationsanlage kann das chemische Element aus der Klärschlammasche zurückgewonnen werden. Das zeigt, wie bedeutsam die Kreislaufwirtschaft für uns ist: Abfälle sind wichtige Ressourcen, aus denen neue Wertstoffe entstehen.“

Bernd Tischler, Oberbürgermeister der Stadt Bottrop:
„Eine Anlage, bei der aus Asche ein Rohstoff zurückgewonnen wird – das passt perfekt zur Innovation City Bottrop. Ein innovativer Ansatz, der auf Recycling und Nachhaltigkeit setzt und mit dem man bundesweit Vorreiter sein kann. So wie wir es auch bei anderen Projekten bereits erlebt haben. Die Demonstrationsanlage in Bottrop zu haben, ist ein Gewinn, davon bin ich überzeugt.“

Thomas Kufen, Vorsitzender des Verbandsrates des Ruhrverbandes:
„Im Herzen des Ruhrgebiets ist einmal mehr die Innovationskraft dieser Region spürbar. Ein nachhaltiger Wandel, der nicht nur Arbeitsplätze schafft, sondern auch das Klima und die Umwelt schützt. Das wegweisende Projekt AMPHORE ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass Strukturwandel und Umweltschutz Hand in Hand gehen können.“

Dr. Frank Dudda, Vorsitzender des Genossenschaftsrates der Emschergenossenschaft:
„Unsere Metropole Ruhr gehört zu Europas größten Ballungsräumen. Wo viele Menschen leben, entsteht auch viel Abwasser. Dieses enthält viele wichtige Rohstoffe. Projekte wie AMPHORE heben das dort schlummernde Potential und führen es neuer Wertschöpfung zu. Ein Vorbild für Ballungsräume weltweit.“

Bodo Klimpel, Vorsitzender des Verbandsrates des Lippeverbandes:
„Es klingt fast grotesk: Im Abwasser liegt ein wahrer Schatz – und diesen werden wir jetzt heben. Mit dem Start der Demonstrationsanlage machen wir einmal mehr deutlich, dass wir das Thema Klimaschutz nicht nur sehr ernst nehmen. sondern auch immer wieder innovative Lösungswege suchen und gehen werden. Dieses Projekt ist Klima- und Ressourcenschutz im besten Sinne und hilft uns dabei, eine der nachhaltigsten Regionen zu werden.“

Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender von Emschergenossenschaft und Lippeverband:
„Wasserverbände, darunter auch Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV), sind Teil der Lösungen bezüglich der Herausforderungen rund um die Themen Energie, Klima und Kreislaufwirtschaft: Ob Anpassungen an die zu erwartenden Folgen des Klimawandels, die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks oder die Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm – die Wasserwirtschaft spielt in allen Bereichen eine aktive Rolle und kann positive Beiträge im Sinne einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft leisten. Mit der Amphore-Demonstrationsanlage nehmen wir gemeinsam mit unseren Partnern eine Vorreiterrolle ein.“

Dr. Frank Obenaus, Technischer Vorstand von Emschergenossenschaft und Lippeverband:
„Vom Reststoff zum Wertstoff – mit der Demonstrationsanlage zum Phosphor-Recycling auf unserer Kläranlage in Bottrop wird der Paradigmenwechsel in der Klärschlammentsorgung real. Das Konsortium aus den großen Wasserverbänden in Nordrhein-Westfalen ist sich der Strahlkraft des Projektes für die deutsche Abwasserwirtschaft bewusst und wird regelmäßig zu den Erkenntnissen berichten.“

Prof. Dr. Norbert Jardin, Vorstandsvorsitzender des Ruhrverbandes:
„Der Ruhrverband wie auch die Wasserverbände setzen sich unermüdlich dafür ein, die Klärschlammentsorgung in ihren Einzugsgebieten nachhaltig und rechtssicher zu gestalten. Gemeinsam mit unseren Partnern arbeiten wir in AMPHORE an einem innovativen Ansatz zur nachhaltigen Klärschlammbehandlung und -entsorgung inklusive Phosphor-Rückgewinnung für unsere Region. Dieser Ansatz wird nicht nur den aktuellen Anforderungen gerecht, sondern berücksichtigt auch zukünftige Herausforderungen. Denn wir wissen: Nur mit einer klugen Strategie können wir die Zukunft unserer Mitglieder und der Region sicher gestalten.“

Ingo Noppen, Vorstand des Wupperverbandes:
„Abwasser und Klärschlamm als Rohstoffquellen nutzen und Stoffkreisläufe schließen. Hiermit gehen wir einen innovativen Schritt in Richtung Zukunft. Für den Wupperverband schließt das geplante Phosphor-Recycling nahtlos an unsere Klärschlammstrategie mit dem Bau einer hochmodernen neuen Verbrennungsanlage an unserem Standort Wuppertal-Buchenhofen an.“

Volker Kraska, Vorstand der Linksniederrheinischen Entwässerungsgenossenschaft:
„Mit der Inbetriebnahme der neuen Versuchsanlage gehen wir den nächsten Schritt, um in einem großtechnischen Verfahren zu erproben, wie die Rückgewinnung von Phosphor betriebssicher, bezahlbar und nachhaltig funktionieren kann.“

Dr. Yvonne Schneider, Geschäftsführerin der PhosRec Phosphor-Recycling GmbH
„In AMPHORE arbeiten 11 Projektpartner eng an einer Lösung zur Phosphor-Rückgewinnung für den Klärschlamm aus einem Ballungsraum mit seinen spezifischen regionalen Herausforderungen. Die Demonstrationsanlage ist Ergebnis dieser engen Zusammenarbeit in dem Projekt und zeigt, wie wir es schaffen, gemeinsam an der Entwicklung von Technologien für eine nachhaltige Zukunft zu arbeiten.“

Prof. Dr. Torsten Frehmann, Geschäftsführer der PhosRec Phosphor-Recycling GmbH:
„Die neue Demonstrationsanlage dient der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen zum Phosphor-Recycling. Im Vordergrund unserer Aktivitäten steht dabei nun, konkrete Erfahrungen im praktischen Betrieb der Anlage sowie in der Herstellung von Phosphorsäure zu gewinnen.“