Vor 15 Jahren: Erster Spatenstich für den Abwasserkanal Emscher

Der 11. September 2009 markierte auch den Startschuss für den Bau der beiden gigantischen Pumpwerke in Gelsenkirchen und Bottrop

Emscher-Gebiet. Die Emschergenossenschaft feiert in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen. Einer der größten Meilensteine in der Geschichte von Deutschlands ältestem Wasserwirtschaftsverband fand vor genau 15 Jahren – am 11. September 2009 – statt: Auf der Emscher-Insel in Gelsenkirchen erfolgte unweit der Sutumer Brücken der erste Spatenstich für den Bau des 51 Kilometer langen Abwasserkanals Emscher (AKE) und der beiden gigantischen Pumpwerke Gelsenkirchen und Bottrop. Später folgte in Oberhausen noch eine dritte Hebeanlage – es ist heute Deutschlands größtes Schmutzwasserpumpwerk. „Insgesamt haben wir als Emschergenossenschaft in den Bau des AKE-Systems, inklusive der drei Pumpwerke, mehr als eine Milliarde Euro investiert. Der Abwasserkanal Emscher ist das zentrale Bauwerk des Emscher-Umbaus, er ist die neue abwassertechnische Hauptschlagader: Ohne ihn und seine Pumpwerke wäre die Abwasserfreiheit im Emscher-System undenkbar“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft. Verlegt wurde der Kanal in den Städten Dortmund, Castrop-Rauxel, Recklinghausen, Herne, Herten, Gelsenkirchen, Essen, Bottrop, Oberhausen und Dinslaken.

Der AKE ist insgesamt 51 Kilometer lang und reicht von Dortmund bis Dinslaken. Schrittweise in Betrieb genommen wurde er ab 2018 – und zunächst nur auf einem 35 Kilometer langen Abschnitt zwischen Dortmund und Bottrop, da seinerzeit weiter unterhalb noch am Pumpwerk Oberhausen sowie am Kanal bis Dinslaken gebaut wurde. In diesem Bereich zwischen Dortmund und Bottrop wurden für den AKE exakt 10.661 Kanalrohre mit Innendurchmessern von 1,60 bis 2,80 Meter und einem Gesamtgewicht von 213.747 Tonnen verbaut.

Funktion der Pumpwerke
Wieso überhaupt Pumpwerke? Ganz einfach: „Ohne Pumpwerke würde der AKE bei einem Gefälle von 1,5 Promille Dinslaken in einer Tiefe von rund 80 Metern erreichen. Die Pumpwerke sind daher unumgänglich“, sagt Dr. Frank Obenaus. Entstanden sind die Anlagen in gigantischen Baugruben – knapp 50 Meter tief mit einem Durchmesser von ebenfalls fast 50 Metern.

Das Pumpwerk Gelsenkirchen ist 2018 als erstes in Betrieb gegangen. Es hat die Funktion, die Abwasserströme auf die Kläranlagen Bottrop und Emscher-Mündung (in Dinslaken) zu verteilen. 11 Pumpen befördern in Gelsenkirchen rund 12.800 Liter pro Sekunde knapp 26 Meter hoch.

Das Pumpwerk Bottrop ist nahezu identisch mit der Anlage in Gelsenkirchen. Die Funktion in Bottrop ist jedoch die, das Abwasser in die benachbarte Kläranlage der Emschergenossenschaft zu heben. Dafür gibt es in diesem Pumpwerk 10 Maschinen, die 8.100 Liter pro Sekunde zirka 32 Meter hochpumpen.

Was passierte im Westen?
Der Abwasserkanal Emscher endet natürlich nicht in Bottrop. In Betrieb ging das Gesamtsystem von Dortmund bis Dinslaken, als auch die letzten Bausteine fertig wurden: Das Pumpwerk Oberhausen etwa, das letzte der drei Pumpwerke, stellte die Emschergenossenschaft im Sommer 2021 fertig. Die Anlage kann bis zu 16.500 Liter pro Sekunde fördern – aus einer Tiefe von zirka 40 Metern. Beschickt wird über dieses Pumpwerk der westlichste Abschnitt des AKE und letztlich das Klärwerk Emscher-Mündung, in der das gesamte Abwasser auf hohem technischen Niveau gereinigt und dann geklärt in die Emscher eingeleitet wird.

Die Abwasserfreiheit wurde Ende 2021 erreicht, pünktlich genau 30 Jahre nach Beginn des Emscher-Umbaus – und der Fluss war zum ersten Mal nach fast 170 Jahren wieder vollständig sauber!

Das AKE-System für jede einzelne Stadt betrachtet:

Der Abwasserkanal Emscher in Dortmund ist 6091 Meter lang. Dafür wurden in den vergangenen Jahren bereits 1430 Rohr-Elemente mit einem Gesamtgewicht von 16.010 Tonnen vorgetrieben.

Der Abwasserkanal Emscher in Castrop-Rauxel ist 7607 Meter lang. Dafür wurden 1905 Rohr-Elemente mit einem Gesamtgewicht von 21.937 Tonnen vorgetrieben.

Der Abwasserkanal Emscher in Recklinghausen ist 2100 Meter lang. Dafür wurden 540 Rohr-Elemente mit einem Gesamtgewicht von 6125 Tonnen vorgetrieben.

Der Abwasserkanal Emscher in Herne ist 7900 Meter lang. Dafür wurden 1960 Rohr-Elemente mit einem Gesamtgewicht von 34.491 Tonnen vorgetrieben.

Der Abwasserkanal Emscher in Herten ist 2400 Meter lang. Dafür wurden 650 Rohr-Elemente mit einem Gesamtgewicht von 13.307 Tonnen vorgetrieben.

Der Abwasserkanal Emscher in Gelsenkirchen ist 15.110 Meter lang. Dafür wurden 3764 Rohr-Elemente mit einem Gesamtgewicht von 106.503 Tonnen vorgetrieben.

Der Abwasserkanal Emscher in Essen ist 1600 Meter lang. Dafür wurden 413 Rohr-Elemente mit einem Gesamtgewicht von 15.373 Tonnen vorgetrieben.

Beeindruckend sind die Zahlen für den Bauabschnitt zwischen Bottrop und Oberhausen. Hier wurden insgesamt zirka 18.126 Tübbingringe mit einer Länge von rund 1,18 Meter verbaut. Jeder Ring wiegt 6,6 Tonnen! Ein Tübbingring besteht jeweils aus 6 Elementen. Insgesamt wurden 108.756, also rd. 108.000 Tübbingsteine verbaut.

Beim Bau des finalen Abschnitts des Abwasserkanals Emscher (AKE) in Oberhausen gab es eine Besonderheit: Hier wurden eckige Kastenprofile verlegt. Wieso rechteckige Rohre? Ganz einfach: aus Platzgründen! Ein Kastenprofil nimmt weniger Platz ein als zwei runde Kanalrohre, die einen bestimmten Mindestabstand zueinander einhalten müssen. 3200 Meter lang ist der AKE zwischen Oberhausen und Dinslaken. 1200 eckige Kastenprofile wurden AKE verlegt. 46 Tonnen wiegt jeweils ein Kanalrohr (Innenmaße: 2,45 Meter Höhe; 2,25 Meter Breite). In diesem letzten Abschnitt waren noch weitere Aspekte anders: Der Kanal wurde nicht unterirdisch vorgetrieben, sondern in offener Bauweise verlegt – da er nur unmittelbar unter der Erdoberfläche liegt, lohnte sich hier kein unterirdischer Vortrieb. Zum Vergleich: Der weiter östlich liegende Teil des AKE lag in Tiefen bis zu 40 Metern. Ebenfalls anders ist darüber hinaus die Fortbewegungsrichtung gewesen, denn der „hochliegende“ AKE wurde entgegen der späteren Fließrichtung verlegt. Für die Trasse des neuen Kanals musste die Emschergenossenschaft vorab rund 190.000 Tonnen Boden ausheben.

125 Jahre Emschergenossenschaft
Die Emschergenossenschaft feiert in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen. Am 14. Dezember 1899 als erster deutscher Wasserwirtschaftsverband gegründet, ist die Emschergenossenschaft heute gemeinsam mit dem 1926 gegründeten Lippeverband Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Unternehmens sind die Abwasserentsorgung, der Hochwasserschutz sowie die Klimafolgenanpassung. Ihr bekanntestes Projekt ist der Emscher-Umbau (1992-2021), bei dem die Emschergenossenschaft im Herzen des Ruhrgebietes eine moderne Abwasserinfrastruktur baute. Dafür wurden 436 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen verlegt und vier Großkläranlagen gebaut. Rund 340 Kilometer an Gewässern werden insgesamt renaturiert. Parallel entstanden über 130 Kilometer an Rad- und Fußwegen, die das neue blaugrüne Leben an der Emscher und ihren Nebenläufen erleb- und erfahrbar machen. www.eglv.de