Vorsorge für Extremwetter: Fachleute arbeiten an der klimarobusten Region

Die Stadt Bottrop ist Gastgeberin des 9. Expertenforums der Zukunftsinitiative Klima.Werk. Netzwerk für Klimaanpassung von Emschergenossenschaft/Lippeverband und Kommunen

Bottrop. Die Schwammstadt – das ist heute kein ganz unbekannter Begriff mehr. Bei der Gründung der Zukunftsinitiative Klima.Werk vor zehn Jahren war das noch anders. Aber seitdem arbeitet das Netzwerk an Strategien und Projekten, um das Ruhrgebiet nach diesem Prinzip klimarobust umzubauen. Jährlicher Fixpunkt ist das Expertenforum: In diesem Jahr haben sich die Fachleute aus den Rathäusern der Region in Bottrop getroffen, um für Hitzestress und Starkregen vorzusorgen.

Das Pflaster bricht auf und ein Baum wächst wie von Geisterhand daraus hervor. Beete, bepflanzte Elemente und Wände machen die Bottroper Innenstadt grün-gemütlich. Und aus der Vogelperspektive schaut der Betrachter auf viele Gründächer. Der Video-Clip zum 9. Expertenforum der Zukunftsinitiative Klima.Werk zeigt eine Utopie und Elemente für einen klimarobusten Umbau der Region nach dem Prinzip der Schwammstadt (Youtube-Link zur Utopie: https://youtu.be/5QxJpPdnR4U). Dafür setzen sich die Akteure des Klima.Werks ein: Das Netzwerk aus Emschergenossenschaft/Lippeverband und Kommunen trifft sich jährlich in einer anderen Partner-Stadt zu einem Expertenforum. Bei der Fachtagung arbeiten Vertreter*innen aus den zuständigen Fachbereichen der Verwaltungen (Tiefbau, Stadtentwicklung, Umwelt, Entwässerung, Verkehr, Grünflächen, Gesundheit) mit Gästen aus Wissenschaft und Politik gemeinsam an der wasserbewussten Stadt- und Raumplanung für das Ruhrgebiet.

Gemeinsam für eine klimaresiliente Region
Ausrichter des zweitägigen Expertenforums (9./10. Oktober) im Story Eventhouse ist in diesem Jahr die Stadt Bottrop gewesen. Das Motto der Veranstaltung mit rund 350 Teilnehmer*innen: „Gemeinsam für eine klimaresiliente Region. Handeln im Wandel – ein einzelnes Blatt spendet keinen Schatten“. Bernd Tischler, Oberbürgermeister der Stadt Bottrop, hieß die Teilnehmenden willkommen: „Wir sind sehr gerne Gastgeber für das Expertenforum. Die vielen Expertinnen und Experten sind bei uns bestens aufgehoben. Als ‚InnovationCityBottrop.Die Klimastadt‘ sind die Themen, die in den zwei Tagen beleuchtet werden, auch Teil unserer Maßnahmen für eine wasserbewusste Stadtentwicklung und Klimapassung. Was wir hier bereits realisiert haben, zeigen wir auch bei den Exkursionen in unserer schönen Stadt.“

Wichtiges Austauschformat für Klimaanpassung
Auch der Technische Beigeordnete der Stadt Bottrop, Klaus Müller, sprach die Dringlichkeit des Themas Klimaanpassung für die Städte an: „Das Expertenforum der Zukunftsinitiative Klima.Werk hat sich in den letzten Jahren als wichtiges Austauschformat zur klimagerechten Stadtentwicklung für unsere Region und weit darüber hinaus entwickelt. Von diesem Austausch über die besten Praxisbeispiele profitieren alle Städte, aber vor allem die Menschen, die dort leben.“

Wasserwirtschaft und Stadtentwicklung
Die Zukunftsinitiative Klima.Werk feierte beim 9. Expertenforum auch ihren zehnten Geburtstag (im Gründungsjahr gab es das Veranstaltungsformat noch nicht). Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender von Emschergenossenschaft/Lippeverband, blickte zurück. „Wasserwirtschaft und Stadtentwicklung zusammen anzugehen im städteübergreifenden Netzwerk und als Konzept für Klimaanpassung: Das war vor zehn Jahren noch nicht für alle nachvollziehbar. Wir sind den Schritt gemeinsam gegangen und haben mit über 500 umgesetzten Projekten und gemeinsam erworbenen Erfahrungen beim Schwammstadt-Umbau einiges vorzuweisen“, so Uli Paetzel. „Hochwasservorsorge, Gewässerunterhaltung und Regenwasserbewirtschaftung mit Stadtplanung zu verbinden und so für mehr Aufenthalts- und Lebensqualität zu sorgen, ist ein Prinzip, das sich durchsetzt. Klimaanpassung, besonders im Bestandsumbau, ist aber ein langfristiger Prozess, den wir weiter gemeinsam gestalten.“ 

Stärkung des natürlichen Wasserkreislaufs
Schwammstadt – das bedeutet die Stärkung des natürlichen Wasserkreislaufs und ist damit eine Vorsorge für Wetterextreme: Regenwasser wird nicht mehr zusammen mit Schutzwasser aus Haushalten und Unternehmen in die Kanalisation abgeleitet, sondern lokal zurückgehalten oder zwischengespeichert, damit es versickern oder verdunsten kann. So geht der Niederschlag ins Grundwasser, wird einem Gewässer zugeführt oder kann zur Bewässerung von Stadtgrün genutzt werden – das wiederum für Kühlung sorgt.

Die Entsiegelung von Flächen, die Abkopplung der Niederschlagsentwässerung befestigter Flächen von der Kanalisation, der Bau von Versickerungsmulden, unterirdischen Speichern oder offenen Ableitungsrinnen oder Dach- und Fassadenbegrünungen: Einige dieser Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung zeigt auch ein Film (Youtube: https://youtu.be/BpRfKjTYbbg) mit Beispielen aus Bottrop: 50 begrünte Bushaltestellen speichern Regenwasser (pro Quadratmeter können bis zu 20 Liter zurückgehalten werden), die begrünte Parkhaus-Fassade am Hauptbahnhof mit 5000 Pflanzen bindet Feinstaub und stärkt die Biodiversität.

Exkursionen zu Beispiel-Projekten
Bei der Fachtagung in Bottrop arbeiteten die Teilnehmer*innen in Workshops konkret an Projekten und konnten bei Exkursionen gute Beispiele für Klimaanpassung entdecken: das Neubaugebiet Schultenkamp/Dorfheide in Bottrop-Kirchhellen, die Gartenstadt Welheim und der Park Welheim, eine Fassadenbegrünung an der Schalker-Meile in Gelsenkirchen und die Wohnanlage Tossehof in Gelsenkirchen, die Ewaldstraße in Herten (Innenstadt) oder Schwammstadt-Maßnahmen auf dem Gelände der Zeche Zollverein in Essen.

Das 10. Expertenforum findet 2025 in Gladbeck statt.

Die Zukunftsinitiative Klima.Werk
In der Zukunftsinitiative Klima.Werk arbeiten Emschergenossenschaft und Lippeverband gemeinsam mit Städten der Emscher-Lippe-Region an einer wasserbewussten Stadt- und Raumentwicklung, um die Folgen des Klimawandels abzumildern und die Lebensqualität in den Quartieren zu steigern. Der blau-grüne Umbau startete 2005 mit der Zukunftsvereinbarung Regenwasser (ZVR) von Emschergenossenschaft, Emscher-Kommunen und dem Land NRW und entwickelte sich 2014 zur Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“ weiter, jetzt Zukunftsinitiative Klima.Werk.

Unter dem Dach des Klima.Werks wird das Ruhrkonferenz-Projekt „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“ des Landes Nordrhein-Westfalen umgesetzt, an dem sich seit 2020 alle Wasserverbände der Region beteiligen. Die Förderkulisse des Projekts umfasst das Gebiet des Regionalverbandes Ruhr (53 Städte und Gemeinden). In den klimafesten Wandel sollen bis 2030 rund 250 Millionen Euro investiert und in ausgewiesenen Gebieten 25 Prozent der befestigten Flächen abgekoppelt und die Verdunstungsrate um 10 Prozentpunkte gesteigert werden. Die Serviceorganisation der Zukunftsinitiative bei Emschergenossenschaft und Lippeverband setzt mit den Städten die Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung um. Weitere Informationen (auch zu Förderung von Projekten) auf www.klima-werk.de.